Die Unterrichtsmaterialien sollen dazu dienen, Schülerinnen und Schüler ab der 9. Jahrgangsstufe auf den Besuch eines Konzerts vorzubereiten. Das Material kann aber auch in Kombination mit der unter "Film" eingebetteten Konzertaufzeichnung angewendet werden.
Die einzelnen Unterrichtseinheiten sind als voneinander unabhängige Module konzipiert. Sie können je nach den örtlichen Gegebenheiten ausgewählt und miteinander kombiniert werden.
Aufgabe 1: Gruppenrallye zu Komponist und Entstehung des Werks
Ziele:
Die Schülerinnen und Schüler sollen am Ende der Unterrichtseinheit...
- ... darüber orientiert sein, wer Johannes Brahms war und wie er musikgeschichtlich einzuordnen ist
- ... wissen, zu welchem Anlass und vor welchem weltanschaulichen und musikalischen Hintergrund das „Deutsche Requiem“ entstand
- ... einen dieser Aspekte mündlich zusammengefasst haben
Dauer: 90 Minuten
Raum: Teil 1 der Unterrichtseinheit: Computerraum oder anderer Raum mit Möglichkeiten zur Internet-Recherche (via PC, Tablet, Smartphone); Teil 2: Klassenzimmer oder Musiksaal
Materialien
- Für jede:n Schüler:in eines der drei Aufgabenblätter; zu Aufgabenblatt 3 eine Kopie des Lesetexts. Die drei Blätter sollten möglichst gleichmäßig in der Klasse verteilt sein.
- Zusätzlich sollte jedes Arbeitsblatt als pdf-Datei auf den Computern zugänglich sein, damit die Schüler die Web-Links per Mausklick aufrufen können.
- PCs mit Internet-Anschluss, Tablets oder Smartphones in der erforderlichen Anzahl.
Vorschläge für die Durchführung:
Teil 1 (PC-Recherche, ca. 45 Minuten):
Je zwei Schülerinnen und Schüler bearbeiten gemeinsam ein Aufgabenblatt, notieren Wichtiges und üben die mündliche Zusammenfassung zur Vorbereitung von Aufgabe 2.
- Erklären Sie die Aufgabenstellung. Jede:r Schüler:in bearbeitet zunächst sein Arbeitsblatt alleine oder mit Partner am PC. Ergebnis: Ein durch Notizen zu den gestellten Fragen ergänztes Aufgabenblatt.
- Anschließend setzen sich die Schülerinnen und Schüler in „Expertengruppen“ zusammen. Hier treffen sich alle, die dasselbe Thema recherchiert haben. Sie vergleichen ihre Ergebnisse, bringen Verbesserungen und Ergänzungen an, klären eventuelle Verständnisprobleme.
Teil 2 (Klassenraum/Musiksaal, ca. 45 Minuten):
- Im nächsten Schritt bilden die Schülerinnen und Schüler „Stammgruppen“ mit je drei Mitgliedern – oder werden von Ihnen entsprechend eingeteilt. Jedes Gruppenmitglied „vertritt“ ein anderes Thema, so dass in jeder Stammgruppe alle drei behandelten Themen vertreten sind.
- Jede:r „Expert:in“ stellt nun den anderen Mitgliedern seiner Stammgruppe „sein“ Thema vor.
- Sicherung/ Weiterführung: Die Stammgruppe löst gemeinsam das Kreuzworträtsel. Kontrolle selbständig oder gemeinsam im Unterrichtsgespräch.
Aufgabe 2: Wort und Ton im Verhältnis
Ziele:
Die Schülerinnen und Schüler sollen am Ende der Unterrichtseinheit...
- den Anfang der Sopranstimme aus Satz II des „Deutschen Requiems“ gesungen und dabei verschiedene Arten sängerischen Ausdrucks erprobt haben
- Hintergrundwissen über Johannes Brahms‘ Verwendung des Chors in der Symphonie gewonnen haben.
Dauer: 45 Minuten.
Raum: Musiksaal, Klavier
Materialien:
- Für jede:n Schüler:in ein Liedblatt, alternativ: Projektion der Melodie
- Für die Lehrkraft: Noten der verschiedenen Begleit-Varianten und Klavier, ersatzweise MP3-Aufnahmen
- Aufnahme des Beginns von Satz II
- Bei Bedarf Notenbeispiele zu Satz II
Vorschläge für die Durchführung:
Gemeinsames Singen der Melodie, dabei
- zunächst Erlernen und Ausprobieren der „Choral-Version“
- Vergleich mit dem Vorbild „Wer nur den lieben Gott lässt walten“: Gemeinsamkeiten? Unterschiede? Inhaltliche Deutung?
- Singen der „Trauermarsch-Version“: Was hat sich nun verändert? Erproben verschiedener Qualitäten in Dynamik und Ausdruck: laut und überzeugt; leise und traurig; verhalten, aber optimistisch. Welche scheint am besten zu passen?
Hinweis: Die Melodie wurde auf dem Liedblatt im Vergleich zum Original um einen Ganzton nach oben transponiert, um leichte Sing- und Spielbarkeit auch für weniger Geübte zu gewährleisten.
Was hat Johannes Brahms aus dieser Melodie und ihren Möglichkeiten ausgewählt? Gemeinsames Anhören des Beginns des zweiten Satzes, Reflexion und möglichst genaue Beschreibung des Gehörten bis Takt 42; dabei ggf. Einbeziehen der Notenausschnitte
Gemeinsames Anhören des Satzes bis Takt 197 (= Beginn, „Trio“, Wiederaufnahme des Anfangs): Beschreibung, inhaltliche Deutung?
Aufgabe 3: "Siehe, ich sage euch ein Geheimnis"
Ziele:
Die Schülerinnen und Schüler sollen am Ende der Unterrichtseinheit Text und Teile der Musik von Satz VI („Denn wir haben hie keine bleibende Statt“) genau kennen gelernt haben und damit möglichst detaillierte inhaltliche Assoziationen verbinden. Hinzu kommen sollte eine grobe Vorstellung von gedanklichen Abläufen, wie sie sich bei der Planung eines solchen Musikstücks vollziehen könnten.
Dauer: ca. 60 Minuten
Raum: Musiksaal oder Klassenzimmer.
Materialien:
- Aufnahme von Satz VI
- Textblatt (oder Projektion)
- Ggf. Notenmaterial zur vertiefenden Analyse
- Ggf. zu Vergleichszwecken Aufnahme des „Dies Irae“ aus einer der Requiem- Vertonungen von Mozart, Berlioz oder Verdi
Vorschläge für die Durchführung:
Begegnung mit dem Text
- Austeilen des Textblatts, Information an die Schülerinnen und Schüler: Brahms hat sich während des Kompositionsprozesses dafür entschieden, den Text auf zwei Akteure zu verteilen: den Solo-Bariton und den Chor. Möglicherweise hatte er eines Szene im Kopf, in der ein Prediger zu seiner Gemeinde spricht.
- Frage: Wie könnte der Text verteilt sein zwischen „Prediger“ und „Gemeinde“? Spricht der Prediger längere Zeit alleine, oder gibt es Interaktion (z. B. bestätigende Zwischenrufe, „Kehrvers“, Gemeinde wiederholt andächtig Teile des Gesagten)? Die mögliche Verteilung wird mit Bleistift in die Tabelle eingetragen.
- Mehrmaliges Lesen des Text mit verteilten Rollen. Dabei werden verschiedene Arten des Lesens erprobt: pathetisch, wie aus einem Hollywood-Bibelfilm – enthusiastisch, wie ein amerikanischer Fernsehprediger und seine Gemeinde – feierlich-gemessen, wie bei der Lesung im Sonntagsgottesdienst – in gedämpfter Stimmung, wie bei einem Begräbnis – geheimnisvoll-beschwörend wie ein „Geist“ und die Teilnehmer einer spiritistischen Sitzung.
- Variante: Die Schülerinnen und Schüler werden in Gruppen eingeteilt, jede Gruppe bekommt eine „Szene“ zugewiesen und muss sie so darstellen, dass die anderen erraten können, was gemeint ist!
- Ziel in beiden Fällen: Herausarbeiten unterschiedlicher sprachlicher Gestaltungsmittel (Sprechtempo, Lautstärke, Betonungen) und der unterschiedlichen Wirkungen, die sie jeweils entfalten können.
Begegnung mit der Musik
- Wie hat Brahms sich entschieden, welches „Szenario“ er in seinem „Requiem“ vertont? Anhören eines Ausschnitts aus Satz VI (ab Takt 28, ca. 1:20 bis ca. 3:10), gemeinsames Herausarbeiten der musikalischen Charakteristika. Was entspricht den Erwartungen, wo gibt es Überraschungen?
- Hier kann eventuell vertiefend das Notenmaterial herangezogen werden, um deutlich zu machen, dass es in dieser Musik mehrere verschiedene „Codierungsebenen“ gibt: das unmittelbar sinnlich-emotional Ansprechende, die Ebene überlieferter musikalischer Symbole (z. B. Kreuz-Symbolik), eine Ebene von Brahms selbst erdachter Motive und deren Verarbeitung (z. B. „Lebens-Motiv“)
- Anspielungen auf ein „Dies-Irae“-Szenario ab T. 82 (ca. 3:10 bis 6:50); Information: Im Wellenbild lässt sich erkennen, dass die Musik im mittleren Teil des Satzes plötzlich sehr laut wird. Möglicherweise handelt es sich insgesamt um die lauteste Passage des gesamten Requiems. An dieser Stelle greift Brahms auf musikalische Symbole zurück, die für Hörer seiner Zeit auf Anhieb verständlich waren, er beschwört ein Dies- Irae- Szenario herauf, wie es vor ihm schon andere Komponisten mit großem Erfolg getan haben: Der Tag des Jüngsten Gerichts, also des Weltuntergangs, wird mit allem, was das Symphonieorchester an Dramatik und düsterer Farbenpracht zu bieten hat, musikalisch in Szene gesetzt. Aber: Bei Brahms nimmt die Szene einen anderen Verlauf als im traditionellen Requiem, textlich wie musikalisch. Wo liegen Unterschiede?
- Abschließendes Anhören des Satzes von Beginn bis 6:50, je nach verfügbarer Zeit auch ganz (Gesamtdauer: gut 12 Minuten)