Der
Schweizer Physiker Daniel Bernoulli (1700-1782) wird
für die zweite Erklärung bemüht. Er
hat die nach ihm benannte Bernoulli-Gleichung gefunden.
Danach entsteht ein Unterdruck, wenn ein Medium an
einem Objekt schnell vorbeiströmt.
Betrachtet man einen Flugzeugflügel im Profil,
so sieht man, dass er oben stark gewölbt und
unten fast flach ist. Bewegt sich der Flügel
durch die Luft, strömt die Luft oben deutlich
schneller um den Flügel als auf der Unterseite.
Dadurch entsteht oben ein geringerer Druck als unten
- Auftrieb resultiert, das Flugzeug steigt nach oben.
Oben
strömt die Luft schneller am Flügel vorbei
als unten. Dadurch entsteht ein Druckunterschied,
der
den Flügel nach oben zieht bzw. drückt.
Oft
liest man die Behauptung, dass die Luft oben am Flügel
schneller strömen müsse, um den längeren
Weg genau so schnell zu schaffen wie die Luft, die
unten herum strömt. Die Luft strömt aber
oberhalb und unterhalb des Flügels unabhängig
voneinander. Deshalb gibt es keinen Grund, warum sie
zur gleichen Zeit am Flügelende ankommen sollte.
Versuche und Simulationen haben bestätigt, dass
die Teilchen nicht gleichzeitig das Ende erreichen.
Luftteilchen, die oben über den Flügel strömen,
kommen sogar trotz des längeren Wegs deutlich
vor den Teilchen am Flügel-Ende an, die unten
herum strömen.
Veranschaulicht
wird das unterschiedliche Geschwindigkeitsverhalten
durch folgende Darstellung:
Simulation
von Rauchlinien im Windkanal mit einem Flugzeugflügel.
Man erkennt deutlich, dass die
Luft oberhalb des Flügels schneller strömt.
© Marco Colombini
Animaton
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Die
Schwierigkeit an der Erklärung nach Bernoulli
ist, dass danach eine bewegte Platte keinen Auftrieb
erzeugen dürfte. Denn diese ist nicht gewölbt,
an Ober- und Unterseite müssten also dieselben
Verhältnisse herrschen. Würde sie in den
Wind gedreht, sodass der Wind nicht direkt von vorn
kommt, sondern z. B. die Unterseite anbläst,
müsste sie sich eigentlich nur drehen, der Auftrieb
wäre Null. Doch das ist nicht so (siehe auch
im Versuch). Eine Erklärung
bietet das dritte, aus wissenschaftlicher Sicht favorisierte
Modell - die Zirkularströmung.
Lässt sich das Druckverhalten am zweidimensionalen
Flügelprofil noch vergleichsweise einfach berechnen,
wird die Angelegenheit bei einem dreidimensionalen
Objekt höchst kompliziert. Die Druckverteilung
am Flugzeug ist sehr komplex. Die Berechnungsmodelle
werde durch Experimente im Windkanal
überprüft und fortlaufend optimiert.
Druckverteilung am Flugzeug und Flügelprofil
- linke
Abbildung vergrößern
© Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,
Projekt TAU-Code
Bernoulli
überall
Der Bernoulli-Effekt lässt sich in einem
einfachen Experiment leicht nachweisen. Dazu hält
man einen wenige Zentimeter breiten Papierstreifen
an die Unterlippe. Bläst man nun kräftig
darüber, so wird der Streifen nach oben gezogen.
Die schnell strömende Luft erzeugt Unterdruck,
das Papier wird nach oben gesaugt.
Doch nicht nur bei Papierstreifen und Flugzeugen
lässt sich der Bernoulli-Effekt beobachten. Er
tritt im Alltag immer wieder auf. Stehen Hochhäuser
sehr dicht zusammen, kann es durch ungünstige
aerodynamische Verhältnisse zwischen den Hochhäusern
zu erhöhten Windgeschwindigkeiten kommen. Folgen
des Windes sind größere Druckunterschiede
und somit unbeabsichtigte Kräften auf die Fassaden
und Fenster. Problematisch wird der Druck bei Stürmen.
Dann kann es passieren, dass Fensterscheiben regelrecht
aus der Fassung gesogen werden.
Auch
Motorradfahrer kennen den Effekt - meist, ohne es
zu wissen. Denn fahren sie schnell an einem Laster
vorbei, strömt die Luft zwischen ihrem Körper
und der Seite des LKW schnell durch - Unterdruck entsteht,
und der Fahrer wird in Richtung LKW gesaugt. Beim
Überholen ist also Vorsicht geboten.
Ähnliches passiert auch unter der Dusche, denn
auch hier gibt es schnell strömende Luft. Diese
wird durch das Wasser aus der Dusche angetrieben und
sorgt dafür, dass sich der Duschvorhang beim
Duschen nach innen wölbt - und meist am nassen
Körper kleben bleibt.
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