Dauer insgesamt: 5-6 Unterrichtsstunden
Material: Arbeitsblätter 1-5
Einstieg:
Die Lehrkraft teilt die Materialien aus und liest (OHNE weitere Erklärungen, Hinweise oder Aufgabenstellungen zu geben) die folgenden Regeln vor:
„Das heutige Projekt heißt „Papier-Projekt“, es gelten ab sofort die folgenden Regeln“:
- Jede:r arbeitet für sich alleine.
- Es herrscht absolute Ruhe im Klassenzimmer.
- Es dürfen keinerlei Fragen gestellt werden (weder der Lehrkraft noch Mitschüler:innen).
- Die Augen bleiben auf dem eigenen Platz, bei der eigenen Arbeit, ähnlich wie bei Klassenarbeiten! Umschauen, abschauen ist NICHT erlaubt!
- „Ihr habt für die Aufgabe 20 Minuten Zeit, die Zeit läuft ab JETZT!“ (Timer wird gestartet)
In der Regel blickt die Lehrkraft nach dem Vorlesen der Regeln in ratlose, irritierte und verwirrte Gesichter, einige Finger schnellen in die Höhe, viele Fragen, die gestellt werden wollen, jedoch bewusst NICHT beantwortet werden. Zu Beginn wird die Lehrkraft nochmals auf die Regeln verweisen müssen, denn die Köpfe vieler drehen sich verunsichert zur Seite, in der Hoffnung einen Blick darauf zu erhaschen, was der Sitznachbar denkt oder gar tut. Nach einigen Minuten wird sich dies legen und die ersten Schüler:innen beginnen mit der Arbeit… oder auch nicht!
Wichtig: Bitte keinesfalls eingreifen, sollten einzelne Schüler:innen gar nichts arbeiten! Auch ein solches Verhalten ist erwünscht. Man kann diesen Schüler:innen durch ein freundliches Lächeln und Zunicken signalisieren, dass es in Ordnung ist, was sie tun bzw. dass sie nichts tun. (Mehr hierzu siehe „Auswertungsphase!)
Die Lehrkraft nutzt die Zeit, in der die Schüler:innen arbeiten, dazu, diese genau zu beobachten und macht sich ggf. Notizen zur allgemeinen Reaktion der Klasse oder zur Vorgehensweise einzelner Schüler:innen, um diese dann bei der Auswertung/dem Fazit am Ende einfließen zu lassen.
Wenn der Timer ertönt, beenden alle die Arbeit sofort.
Tipp: Ggf. kann der Hinweis gegeben werden, dass die Arbeit zu diesem Zeitpunkt nur unterbrochen wird und später fortgesetzt oder beendet werden kann, wenn Schüler:innen ihre Arbeit gerne fertigstellen möchten.
Material: pro Schüler:in ca. 6-8 Blätter Tonpapier in maximal 3 verschiedenen Farben (vorzugsweise Grün- oder Blautöne und eine weitere Farbe) in unterschiedlichen Größen (z.B. 1x DIN A4 hellgrün, 1x DIN A4 dunkelgrün, 1x DIN A5 grasgrün, 1x DIN A5 hellgrün, 1x DIN A6 lila, 1x Streifenform ca. 6x20 cm grasgrün, 1x Quadrat ca.15x15cm dunkelgrün);
Kleber, Schere, Mäppchen mit Stiften, Timer/Stoppuhr
Sozialform: Einzelarbeit
Hinweis zu den Materialien: Prinzipiell ist es egal, welche Farben und Formen an Papier ausgeteilt werden. Auch die Anzahl ist zu vernachlässigen, wobei sie aufgrund der knappen Zeitvorgabe zehn Blätter nicht überschreiten sollte. Wichtig ist, dass alle Kinder dieselben Materialien (und somit Voraussetzungen) haben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Ergebnisse individueller und kreativer ausfallen, wenn es weniger verschiedene Farben zur Auswahl gibt, vor allem keine solchen, die bestimmte Assoziationen hervorrufen wie z.B. gelb = Sonne, rot = Hausdach, usw. Verschiedene Farbabstufungen innerhalb eines Farbtons kombiniert mit einer Komplementärfarbe (z.B.: Orange – Blau; Grün –Magenta/Lila) eignen sich am besten, um assoziatives Vorgehen zu verhindern und den Kinderköpfen echte, eigene Ideen zu entlocken.
Auswertungsphase/Erarbeitungsphase 1:
Alle Schüler:innen legen ihre Materialien und Papierwerke zunächst unkommentiert beiseite und erhalten Arbeitsblatt 1. Nach dem Ausfüllen von Arbeitsblatt 1 in Einzelarbeit werden alle Fragen nacheinander im Plenum besprochen, die unterschiedlichen Antworten der Schüler:innen gesammelt und gegebenenfalls diskutiert. Die Lehrkraft kann hier an geeigneten Stellen ihre Beobachtungen schildern, sollte jedoch in jedem Fall den Sinn des „Papier-Projektes“ sowie die wichtige Botschaft „Sei du selbst, denn du bist gut, so wie du bist!“ kurz darstellen:
Es geht zum einen darum, den Schüler:innen aufzuzeigen, dass sie so sehr gewohnt sind, konkrete und vor allem recht eng gefasste Aufgabenstellungen in der Schule zu erhalten, dass eine solche Form der Aufgabenstellung sie völlig irritiert und teilweise auch blockiert. Die Zeitvorgabe setzt zusätzlich unter Druck, ebenso die Tatsache, dass manche Mitschüler:innen einfach direkt loslegen und andere wiederum noch ratloser werden, was sie denn nun eigentlich tun sollen. Kreativ sein auf Knopfdruck unter Zeitdruck funktioniert schlichtweg nicht. Eigene Ideen fließen unter diesen Bedingungen nur äußerst langsam, bei manchen gar nicht. Zum anderen soll den Schüler:innen bewusst werden, dass niemals zwei exakt gleiche „Werke“ entstehen, wenn alle Regeln eingehalten werden, weil wir unterschiedliche Interessen und Vorlieben haben, die unsere Ideen und deren Umsetzung einzigartig machen.
Auch wenn jemand gar nichts aus dem vorgegebenen Material hergestellt hat, ist das ein „gutes“ Arbeitsergebnis, dann gilt es jedoch den Grund zu erfahren (Verweigerung, Verzweiflung/Blockade, Ideenlosigkeit, usw.) und daran anknüpfend darauf zu verweisen, dass eine eventuelle Verweigerung von Charakterstärke zeugen kann, die Verzweiflung/Blockade evtl. daraus entsteht, dass man sich nicht traut eigene Ideen zu verwirklichen, und man am eigenen Selbstbewusstsein arbeiten sollte und an sich und seine Ideen glauben sollte, usw.)
Anschließend sollte das Gespräch in einem Fazit resümiert werden (siehe Beispiele unten):
- Jede:r hat individuelle Stärken und Schwächen sowie unterschiedliche Interessen und Vorlieben.
- Verliere in all den engen Strukturen der Schule und des Lebens sowie bei allen vorgegebenen Arbeitsaufträgen deine eigenen Ideen und Vorstellungen nicht aus den Augen, nimm dir Zeit, diese zu erkennen und bringe sie ein, wann immer es möglich ist!
- Erkenne in all deinem Tun und Handeln deine eigenen Stärken und nutze sie! Mache dir auch deine Schwächen bewusst und finde kreative Wege, mit ihnen zu leben oder aber an ihnen zu arbeiten.
- Es liegt ganz in deiner Hand!
- Sei du selbst, denn du bist gut, so wie du bist!“
Material: Arbeitsblatt 1 (für alle Klassen)
Sozialform: Einzelarbeit; Gespräch im Plenum
Erarbeitungsphase 2
Ausgehend von ihren individuellen Interessen und Vorlieben sollen sich die Schüler:innen ihrer Stärken und Schwächen bewusst werden sowie ihre Wünsche in Bezug auf Eigenschaften und Fähigkeiten formulieren. Hierzu bearbeiten sie Arbeitsblatt 2 in Einzelarbeit.
Tipp: Die „Hilfe-Leiste“ rechts kann beim Kopieren nach hinten umgeknickt und somit entfernt und nur bestimmten Schüler:innen zur Verfügung gestellt werden, falls gewünscht.
Material: Arbeitsblatt 2 (für alle Klassen)
Sozialform: Einzelarbeit
Vertiefungsphase
Auf Arbeitsblatt 3a / 3b werden die Stärken der Schüler:innen um die Dinge ergänzt, die andere Personen wahrnehmen. Je nach Klasse ist hier ein besonders sensibles Vorgehen wichtig, damit es zu keinerlei Hänseleien kommt. Die Lehrkraft sollte je nach Lerngruppe entscheiden, ob die Arbeitsblätter an der Tafel aufgehängt und frei von allen ergänzt werden können oder aber, ob die Schüler:innen ihr Blatt besser selbst ausgewählten Mitschüler:innen oder auch Lehrer:innen zum Ergänzen vorlegen. Ebenso definiert die Lehrkraft, ob die Notizen anonym oder namentlich erfolgen.
Als Hausaufgabe könnte das Arbeitsblatt auch Eltern, Verwandten oder Freunden vorgelegt werden.
Die Schüler:innen vergleichen, wie sie sich selbst sehen, damit, wie andere sie wahrnehmen. Für manch einen sind hier immer wieder auch Überraschungen dabei.
Material: Arbeitsblatt 3a oder 3b (für alle Klassen)
Sozialform: Einzelarbeit
Erarbeitungsphase 3
Welche sozialen Rollen nehme ich in der Gesellschaft ein und welche Rollenerwartungen sind damit verknüpft? Diese Frage soll mithilfe des Arbeitsblattes 4a beantwortet werden. Je nach Klassenstufe braucht es vorab eine etwas ausführlichere Erklärung der Lehrkraft über soziale Rollen. Dann werden die Aufgaben 1 bis 3 auf dem Arbeitsblatt gemeinsam im Plenum (oder in höheren Klassen als Partnerarbeit) behandelt.
Die Arbeitsblätter 4b und 4c können ab Klasse 6/7 zur Vertiefung des Themas eingesetzt werden. Hier werden Rollen, Rollenerwartungen, aber auch Rollenkonflikte näher beleuchtet, sowie mögliche Lösungsansätze im Plenum diskutiert.
Material: Arbeitsblatt 4a (für alle Klassen), Arbeitsblatt 4b (ab Klasse 6/7), Arbeitsblatt 4c (ab Klasse 6/7)
Sozialform: Plenum/Partnerarbeit/Einzelarbeit
Vertiefungsphase
Vertiefen können Schüler:innen ab Klasse 6/7 die Thematik mit Arbeitsblatt 5. Hier entwickeln sie eigene Ziele und Zukunftsperspektiven. Die Vorstellung der Arbeitsergebnisse sollte auf freiwilliger Basis im Plenum stattfinden.
Material: Arbeitsblatt 5 (ab Kl. 6/7)
Sozialform: Einzelarbeit/Plenum
Abschluss
Zum Ende der Unterrichtssequenz gibt es eine konkrete Aufgabenstellung, die jedoch bei der künstlerischen Umsetzung genügend Freiraum für eigene Ideen lässt:
Male dich und deine Klasse als Blumenwiese. Jedes Kind soll darin vorkommen. Die Kinder können Blumen, Bäume, Büsche, Gräser, Steine oder auch Tiere sein. Menschen sollen keine auf deiner Wiese zu sehen sein!
Präsentation der Bilder als Gesamtkunstwerk im Klassenzimmer, das zum Bestaunen, Bewundern, aber auch zum Fragenstellen und darüber Sprechen anregt.
Die folgenden Reflexionsfragen können den Schüler:innen als Denkaufgabe zu ihren Bildern gegeben werden:
- Was bist du in deinem Bild?
- Aus welchem Grund hast du diese Erscheinungsform für dich gewählt?
- Welche Farben hast du für dich gewählt? Weshalb?
- Wo ist dein Platz im Bild?
- Wie fühlst du dich an diesem Platz? Weshalb?
- Wer ist dir besonders nahe/fern? Weshalb?
- usw.
Material: Zeichenblock, Wasser-/Öl-/Pastellfarben oder Buntstifte
Sozialform: Einzelarbeit
Tabellarischer Unterrichtsverlauf - Mein Traum, meine Geschichte - Basismaterial (PDF)