Nach der Erlangung der Unabhängigkeit im Jahr 1960 erlebte Mali, vielen anderen afrikanischen Ländern ähnlich, ein sozialistisches Regime und eine Militärdiktatur. Zwischen 1992 und 2012 zeichnete es sich auf dem an Demokratien armen Kontinent durch eine Demokratie in Form einer Präsidialrepublik aus. Im März 2012 kam es zu einem Militärputsch, bei dem der amtierende Präsident Amadou Toumani Touré gestürzt wurde. Ein wesentliches Motiv der meuternden Militärs scheint der Umstand, dass die Truppe sich in einem aussichtslosen Kampf gegen Tuareg-Rebellen im Norden des Landes aufgerieben sah.
Nach dem Untergang des Gaddafi-Regimes in Libyen strömten bestausgebildete und -ausgerüstete Tuaregkämpfer, die dem libyschen Diktator gedient hatten, in den Norden Malis und brachten so die mühsam befriedete Region wieder außer Kontrolle. Die Tuareg-Rebellen riefen einen eigenständigen Staat, „Azawad“, aus. Innerhalb der separatistischen Bewegung haben sich inzwischen die islamistischen gegen die säkularen Kräfte durchgesetzt. Dementsprechend wurde in der von ihnen beherrschten Nordhälfte Malis, in der allerdings nur 10 % der Bevölkerung lebten, das öffentliche Leben den Regeln eines islamischen Gottesstaates (Scharia) unterworfen. Hunderttausende haben darauf mit der Flucht in den Süden oder in Nachbarländer reagiert.
Der Anführer der putschenden malischen Soldaten, Amadou Sanogo, hatte - wohl auch auf Druck der ECOWAS (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) - die Regierungsgewalt nach kürzester Zeit an einen Interimspräsidenten abgegeben. Nachdem nach monatelangem Ringen um eine handlungsfähige Regierung im Einvernehmen mit den Putschisten ein Einheitskabinett gebildet worden war, erzwangen diese im Dezember 2012 erneut einen Regierungswechsel. Es wird vermutet, dass Sanogo mit der Verhandlungsbereitschaft, die Premierminister Cheik Modibo Diarra gegenüber den Rebellen im Norden des Landes zeigte, nicht einverstanden war.
Seit Oktober 2012 befasste sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit den Modalitäten eines internationalen Militäreinsatzes zur Rückeroberung des von den Islamisten beherrschten Gebiets. Die malische Regierung hatte diesbezüglich um Hilfe gebeten, aber die westlichen Staaten hatten auch selbst großes Interesse daran, Malis Norden, der sich inzwischen zu einem Schlupfloch der « Al-Quaida im Islamischen Maghreb » entwickelt hatte, der Kontrolle der Islamisten zu entreißen.
Während zeitaufwändige Planungen für den Hilfseinsatz der Internationalen Gemeinschaft liefen, gelang es den Rebellen, ihren Herrschaftsbereich immer weiter in den Süden des Landes hinein auszudehnen und strategisch wichtige Punkte zu erobern. Im Januar 2013 entschloss sich die ehemalige Kolonialmacht Frankreich unter Präsident François Hollande im Alleingang zu einem sofortigen militärischen Eingreifen, zuerst in Form von Luftangriffen auf Stellungen der Islamisten, dann auch durch eine Bodenoffensive. Dieses Vorgehen wurde in der malischen Bevölkerung als lang ersehnte Hilfe überaus positiv aufgenommen, von den Vereinten Nationen erhielt es eine nachträgliche Legitimation. Den französischen und malischen Truppen gelang es innerhalb von wenigen Tagen, nach Norden vorzudringen und die Islamisten aus den Städten, zuletzt Timbuktu und Kidal, zu vertreiben. Die islamistischen Rebellen hatten sich teilweise schon vor ihrem Eintreffen in die Wüste zurückgezogen. Dass die Rückeroberung der Städte einfach sein würde, verglichen mit dem Problem, die Kontrolle über das gesamte Territorium zu erlangen, war von vorneherein klar. Trotz der Freude der Bevölkerungsmehrheit über die wiedergewonnene Freiheit gibt die Situation weiterhin Anlass zu großer Sorge. Seit April 2013 leistet die Bundeswehr Unterstützung durch die Aussendung von Pionierausbildern und Sanitätern sowie durch die Bereitstellung von Transportflugzeugen und einem Tankflugzeug. Im August 2013 wurde der altgediente Politiker Ibrahim Boubacar Keita mit großer Mehrheit zum neuen Präsidenten gewählt, somit besitzt Mali nun wieder ein durch reguläre Wahlen legitimiertes Regierungsoberhaupt.
Wirtschaft
Mali ist ein Agrarland, dessen Erträge stark von den Niederschlägen abhängen. Im Norden, der zur Sahelzone gehört, herrscht nomadische Viehhaltung vor. In der Südhälfte werden Hirse, Maniok, Süßkartoffeln und Hülsenfrüchte für den Eigenbedarf sowie Baumwolle für den Export angebaut. Im Binnendelta des Niger gibt es auch bewässerte Reisfelder. Die Wirtschaft des Landes ist von den Weltmarktpreisen der beiden wichtigsten Exportgüter Gold und Baumwolle abhängig. Mali gehört zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Fast 60 % der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze.
Gefährdete Baumwollproduktion
Mali teilt ein gesamtafrikanisches Problem: Die Subventionen, die europäische Staaten und die USA in die eigene Landwirtschaft fließen lassen, machen es afrikanischen Erzeugern in vielen Fällen unmöglich, mit deren Produkten zu konkurrieren. So ist der Gewinn bei der früher sehr einträglichen Baumwollzüchtung gerade durch die extrem subventionierte US-Baumwolle stark rückläufig, und damit ist die Lebensgrundlage einer großen Zahl von Menschen in West- und Zentralafrika gefährdet.
Salzminen in Taouedenni und Karawanen
Die Salzkarawanen sind das Letzte, was von dieser einst einzigen Möglichkeit des Warentransports durch die Sahara übrig geblieben ist. Das Salz, ein besonders schmackhaftes und deshalb trotz des Imports von Meersalz gefragtes Steinsalz, wird in unterirdischen Stollen abgebaut. Die Salzschicht in der Erde ist ein Überrest ausgetrockneter Seen. Die Karawanen legen die Strecke Timbuktu - Taoudenni in 15 bis 20 Nachtmärschen zurück – bei Tag ruhen sie wegen der Hitze.
In Mali leben über 30 verschiedene Ethnien: Bambara (30 %), Malinké, Fulani, Sarakolé, Songhai, Soninké, Bobo, Bozo, Minianka, Senufo, Dogon, Khassonké, Tuareg, Mauren, Dioula etc.. Sie haben zwar unterschiedliche Sprachen und Kulturen, leben aber friedlich zusammen. Der Islam, zu dem sich rund 80 Prozent der Bevölkerung bekennen (Sunniten), stellt die Hauptverbindung der Ethnien dar. Man schätzt, dass drei Viertel der Bevölkerung Analphabeten sind. Nur noch 1 % lebt als Nomaden. Die wichtigsten Städte sind die Hauptstadt Bamako sowie die regionalen Zentren Kayes, Koulikoro, Sikasso, Ségou, Mopti, Timbuktu, Gao und Kidal. Vor immense Probleme wird Mali durch die Bevölkerungsexplosion in den großen Städten gestellt, was wiederum auf die mit der prekären Situation in den ländlichen Gebieten zusammenhängende Landflucht zurückgeht. Große Straßen verbinden Bamako mit Gao, Kayes und Sikasso, die einzige Eisenbahnlinie führt von Bamako über Kayes nach Dakar.
Bildung
Mali stand zuletzt vor enormen bildungspolitischen Anstrengungen. Im schulischen Bereich mangelte es an allem: Räumlichkeiten, Lehreraus- und -fortbildung, Lehrmaterialien etc. Zustände mit 120 Kindern in einer Klasse, die nach französischem Vorbild im Frontalunterricht als Chor nachplapperten, was der Lehrer sagte, sollten überwunden werden. Den stark benachteiligten Mädchen (bei Frauen lag der Analphabetenanteil wesentlich höher als bei Männern) sollte der Schulbesuch genauso wie den Jungen ermöglicht werden. Mit ähnlichen Schwierigkeiten hatten die Universitäten, ausnahmslos Neugründungen des Staates Mali, zu kämpfen. Der Zugang zum Internet leistete wenigstens in manchen Bereichen eine gewisse Abhilfe.
Gesundheit
In Mali hat ungefähr jede dritte Person Zugang zu Gesundheitsdiensten und sauberem Trinkwasser. Wo Medikamente erreichbar sind, bleibt immer noch das Problem ihrer Bezahlbarkeit. Sex und Aids, die Geißel des Kontinents, sind Tabuthemen. Vor Ansteckung schützende Verhütungsmittel zu propagieren, ist unmöglich. 92 Prozent aller Frauen zwischen 15 und 49 Jahren waren zuletzt von FGM (engl.: female genital mutilation = weibliche Genitalverstümmelung) betroffen. Bei den Sonrai, Tuareg oder Dogon ist die Rate etwas geringer. Es gab jedoch Hoffnung, dass diese Praktik allmählich eingedämmt werden könne: der inzwischen gestürzte Präsident hatte ein Gesetz unterzeichnet, das die Beschneidung bei Mädchen verbietet. Dürreperioden haben gerade in der Sahelzone immer wieder (z.B. 1973 und 1984) zu Hungerkatastrophen geführt.
Die Tuareg
Die Tuareg sind bekannt als nomadisierendes, stolzes Hirtenvolk. Ein kleiner Teil von ihnen lebt in den schwer zugänglichen Gebirgsgegenden der Zentralsahara, die Mehrzahl jedoch südlich davon im Sahel bis an den Fluss Niger. Sie gehen zurück auf die europide Bevölkerung Nordafrikas, die Berber. Viele sind inzwischen sesshaft geworden - auch wenn sie oftmals auch nur als Slumbewohner am Rand der Großstadt leben.
Die Tuareg waren ein kriegerisches Volk mit einem traditionellen Klassensystem (Adelige, tributpflichtige Vasallen, Leibeigene...). In ihren Augen ehrenhafte Raubzüge (gerade auch Karawanenüberfälle) gehörten zu ihrem Dasein genauso wie die Haltung von Sklaven, die die niedere Arbeit für sie verrichteten (so auch den Ackerbau). Diese Leibeigenen stammten von der sudaniden Bevölkerung ab und unterschieden sich durch ihre dunkle Hautfarbe in früherer Zeit noch deutlich von den hellhäutigeren Mitgliedern der Adelsschicht. Mit der Staatsgründung wurde die Sklavenhaltung endgültig verboten. Viele der ehemaligen Leibeigenen fühlen sich jedoch den Tuareg und deren Gesellschaftsordnung zugehörig und leben weiterhin mit diesen in Gemeinschaft.
Die Tuareg sind zwar Muslime, haben aber ältere, animistische Glaubensvorstellungen und mutterrechtliche Elemente bewahrt. So ist das Familienzelt im Besitz der Frau. Die Polygamie gehört eigentlich nicht zu ihrer Kultur. Bei ihnen tragen die Männer, nicht die Frauen, einen Gesichtsschleier (Litham). 1994 führte Mali Krieg gegen Tuareg-Rebellen. Zwei Jahre später konnte der Konflikt mit einem feierlich begangenen Friedensschluss beigelegt werden. 2012 ist er nun wieder in staatsgefährdender Schärfe aufgebrochen (siehe Kapitel „Regierung“).