Mimikry ist eine erfolgreiche Strategie von Pflanzen und Tieren. Durch Imitation von Vorbildern schützen sie sich vor potentiellen Feinden oder sie locken potentielle Beute oder Bestäuber an.
Begriff der Mimikry
Das Wort Mimikry ist abgeleitet vom englischen „to mimic“ (nachahmen), das auf den altgriechischen Begriff “mimos” zurückgeht, der Imitator oder Schauspieler bedeutet. Auch im Deutschen werden Schauspieler - etwas altmodisch - als Mimen bezeichnet. In der Biologie ist damit die Fähigkeit von Tieren und Pflanzen gemeint, das Aussehen, aber auch den Geruch oder Geräusche von anderen Tieren oder Pflanzen nachzuahmen und sich so einen Überlebensvorteil zu verschaffen.
Formen der Mimikry
Zu einem so genannten „Mimikry-System“ gehören ein Vorbild, ein Nachahmer und ein Signal-Empfänger, der auf die beiden anderen reagiert bzw. die ausgesandten Signale „falsch“ interpretiert. Pflanzen und Tiere können durch Mimikry, also durch Imitation von Vorbildern, sowohl potentielle Fressfeinde abschrecken als auch potentielle Beute oder Bestäuber anlocken. Ersteres nennt man Schutz-Mimikry, Letzteres Lock-Mimikry.
Schutz-Mimikry
Die so genannte Schutz-Mimikry wurde zuerst von dem englischen Biologen Henry Walter Bates Mitte des 19. Jahrhunderts im brasilianischen Regenwald entdeckt und beschrieben. Nach ihrem Entdecker wird sie auch Bates'sche Mimikry genannt. Ein Beispiel für Schutz-Mimikry liefert die Wespenschwebfliege, die mit ihren schwarz-gelben Streifen aussieht wie eine Gemeine Wespe. Im Gegensatz zu dieser hat sie aber keinen Giftstachel und ist völlig harmlos. Ein Vogel, der sich einmal an einer echten Wespe „verschluckt“ hat, wird die Schwebfliege ihrer Ähnlichkeit wegen dennoch in Ruhe lassen. Ganz ähnlich geht der Hornissenschwärmer vor: Der harmlose Schmetterling schützt sich mit einer Warntracht, indem er das Aussehen von einschüchternden Hornissen nachahmt. Der schwarz-weiß gestreifte Schlangen-aal wiederum imitiert zu seinem eigenen Schutz die giftige Gelblippenseeschlange. Und die Haut der Weinschwärmer-Raupe hat eine Musterung, die aussieht wie Schlangenaugen. Das soll potentielle Feinde verleiten, die Raupe für eine Schlange zu halten.
Lock-Mimikry
Mit der vom amerikanischen Forscher-Ehepaar Elizabeth und George Peckham 1889 erstmals beschriebenen Lockmimikry wollen Tiere oder Pflanzen andere Arten anlocken, sei es als Beute oder als Bestäuber. Ein bekanntes Beispiel ist der Seeteufel, auch Anglerfisch oder Lotte genannt: Der vorderste Strahl seiner Rückenflosse ähnelt einer Angel, an der ein kleiner Fortsatz baumelt, der einem Wurm oder kleinen Fisch ähnelt. Das lockt andere Fische an, die der Seeteufel mit Hilfe seines riesigen Mauls einsaugt, wenn sie ihm zu nahekommen.
Die Fliegen-Ragwurz, eine Orchideenart, imitiert mit ihren Blüten die Weibchen bestimmter Grabwespen, um die Männchen zu ködern. Fällt ein Männchen darauf herein, überträgt es Pollen beim Versuch, das vermeintliche Weibchen zu begatten. Die in Malaysia heimische Rafflesia-Blüte wiederum ahmt in Farbe und Geruch Aas nach, um aasfressende Insekten anzulocken, damit diese Pollen übertragen. Die tauben, also nicht brennenden Blätter von Taubnesseln ähneln denen von Brenneseln; so täuschen sie potentielle Feinde und schrecken diese ab.