Wer waren die Kelten?
Beinahe ein Jahrtausend lebten und herrschten die Kelten in West- und Mitteleuropa. Aber woher kamen sie? Was sind die frühsten Zeugnisse einer keltischen Kultur? Eine der kulturellen Keimzellen ist der Südwesten Deutschlands. Der Film begleitet das Team um den baden-württembergischen Landesarchäologen Prof. Dr. Dirk Krausse bei der spektakulären Bergung eines frühen Fürstinnengrabs in der Nähe der Heuneburg, einer der ältesten befestigten Höhensiedlungen nördlich der Alpen. Der reichverzierte Goldschmuck der Fürstin und die Grabfunde zeigen, dass die frühen Kelten Handelsbeziehungen vom Baltikum bis weit in den Mittelmeerraum hinein unterhielten, die ihnen Wohlstand und kulturellen Austausch bescherten.
Bei genauerer Betrachtung der Goldfunde aus dem Frauengrab fällt ihre extrem kunstfertige Machart auf. Filigran und reich verziert präsentiert sich der Stolz der Kelten, ihr Schmuck. Den liebten übrigens auch die Männer. Wie haben die keltischen Goldschmiede mit ihren einfachen Werkzeugen damals derartige Schmuckstücke herstellen können? Ein archäologisches Goldschmiede-Experiment versucht Antworten hierauf zu geben.
Steckbrief „Heuneburg“
Die Heuneburg ist ein frühkeltischer Fürstensitz an der oberen Donau. Zwischen 620 und 480 v. Chr. war hier eines der Wirtschafts- und Machtzentren der Kelten. Über die Donau war die Heuneburg an ein Flußsystem angeschlossen und gut vernetzt. Weit reichende Handelsbeziehungen haben dem keltischen Adel zu Reichtum verholfen, wie die Ausgrabungen der in der Nähe gelegenen sogenannten „Fürstengräber“ gezeigt haben.
Die Kernsiedlung lag auf einem Hochplateau, dass durch eine einzigartige Befestigungsanlage gesichert war. Innerhalb der Mauern und in der nachgewiesenen Außensiedlung am Fuße des Plateaus lebten bis zu 5000 Menschen. „...Die Heuneburg war sicherlich der zentrale Punkt für eine viel größere Gemeinschaft von mehreren Zehntausend Menschen, vielleicht sogar eine Bevölkerungszahl, die im 6-stelligen Bereich lag“, meint Prof. Dr. Dirk Krausse, der die aktuellen Grabungsarbeiten leitet.
Aufgrund der Größe der Siedlung und der monumentalen Bebauung gilt die Heuneburg als erste Stadt nördlich der Alpen.
Im 5. Jahrhundert vor Chr. schreibt der Grieche Herodot: „Der Istros (rg.: die Donau) entspringt bei den Kelten und der Stadt Pyrene und fließt mitten durch Europa.“(1) Ob mit der Stadt „Pyrene“ die Heuneburg gemeint war, läßt sich nur spekulieren, aber da für diese Zeit keine andere Großsiedlung bekannt ist, spricht vieles dafür.
Die Heuneburg war bis ca. 530 v. Chr. mit einer monumentalen Lehmziegelmauer mit rechteckigen Türmen befestigt, für die es nördlich der Alpen keine Vorbilder gibt. Ähnliche Konstruktionen sind nur aus dem Mittelmeeraum bekannt. Vielleicht gab es neben den Handelsbeziehungen dorthin auch einen „Techniktransfer“?
Um 540/530 v. Chr. verschwindet diese aufwendige Lehmziegelmauer und wird durch eine – für keltische Befestigungsanlagen typische – Pfostenschlitzmauer ersetzt.
Innerhalb dieser Befestigungsanlage aus hölzernen Pfosten, Mauerwerk und Erde hat sich auch die Bebauung mit Häusern geändert: war zuvor eine gleichförmige, enge Bebauung nachweisbar, in der nachfolgenden Zeit ist die Bebauung lockerer und vielgestaltiger.
Um 450 v. Chr. wird die Heuneburg und ihre Außensiedlungen verlassen. Für die Heuneburg belegt eine große Brandkatastrophe das Ende der Besiedlung.
Warum hat es diese Veränderungen gegeben? Warum wurde ein einst so bedeutender Platz in relativ kurzer Zeit gänzlich aufgegeben? Überfälle benachbarter Stämme, wirtschaftlicher Niedergang – eindeutige Aussagen hierzu gibt die Forschung nicht.
(1) zit. nach Krausse/Fernandez-Götz: „Die Welt der Kelten. Zentren der Macht. Kostbarkeiten der Kunst. Katalog zur Landesausstellung, Baden-Württemberg 2012, S. 116