Spuren der NS-Zeit

Der Völkermord an den Sinti und Roma | Unterricht

Stand
Autor/in
Martina Frietsch

Einsatz im Unterricht

Die Filme „Wir haben doch nichts getan - der Völkermord an den Sinti und Roma“und „Auf Wiedersehen im Himmel - Die Kinder von der Josefspflege“ befassen sich beide mit dem grausamen Schicksal der Sinti und Roma während des Nationalsozialismus. Sie lassen sich im Geschichtsunterricht in den Sekundarstufen I und II einsetzen, wenn es um Rassenforschung und Völkermord im Dritten Reich geht. Grundsätzliches Wissen über den Nationalsozialismus sollte bei den Schülern bereits vorhanden sein, wenn Rassenlehre und Minderheitenverfolgung auf dem Lehrplan stehen.

Emotionaler Zugang zum Völkermord an Sinti und Roma

Die Filme beinhalten viele Fakten zu diesen Themen und bietet gleichzeitig einen sehr emotionalen Zugang. Wesentlich ist, dass die Schüler über die Berichte der überlebenden Opfer an die Thematik herangeführt werden. In dem Film über die Josefspflege erfahren sie die erschütternde Geschichte der Mulfinger Kinder und sehen in Filmausschnitten und auf Bildern eben jene Kinder und Jugendlichen, die später ermordet wurden. Die Tatsache, dass es sich zum Teil um Gleichaltrige handelt, dürfte bei vielen Schülern das Interesse an der Thematik wecken oder verstärken. In dem anderen Film erlebten die Zeitzeugen ebenfalls als Kinder oder Jugendliche die Ausgrenzung und Internierung in Auschwitz. Hier ist vor allem beachtenswert, dass die Familien in der deutschen Gesellschaft integriert waren und deshalb über die „rassenhyginischen“ Untersuchungen und Ausgrenzungen zunächst überrascht und fassungslos waren.

Die Geschichte der Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma ist weit weniger bekannt als die der Juden und kommt im Geschichtsunterricht oft nur am Rande vor, wenn die Verfolgung von Minderheiten thematisiert wird. In einige Lehrplänen wurde die Verfolgung der Sinti und Roma inzwischen aufgenommen, beispielsweise in Baden-Württemberg im Lehrplan für die Realschule in Klasse 9 und in Rheinland-Pfalz in der Hauptschule in Klasse 9 beim Stoffbereich "Herrschaft des Nationalsozialismus".

Film vermittelt Grundwissen über Sinti und Roma

Der Einsatz der Filme im Geschichtsunterricht bietet darüber hinaus die Möglichkeit, grundsätzliches Wissen über Sinti und Roma zu vermitteln. Mit Hilfe des Hintergrund-Materials kann auch die Aufarbeitung der NS-Zeit kritisch hinterfragt werden: Was wurde aus den Tätern, wie erging es den Opfern? Der Film eignet sich auch für den Religionsunterricht, wenn es um die Rolle der Kirche im Dritten Reich geht: Die Handlung der Amtskirche, Widerstand von Christen gegen die Nazis, der Umgang mit Andersgläubigen und Minderheiten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die ermordeten Kinder - wie die Mehrzahl der Sinti und Roma in Süddeutschland - Katholiken waren.

Exkursion ins Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma

Besteht für die Klasse die Möglichkeit, eine Exkursion zu machen, bietet sich ein Besuch des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg an. Neben der ständigen, sehr eindrucksvollen Ausstellung bietet das Zentrum gezielt Angebote für Schulklassen (siehe Linkliste). Auch Projekte an den Heimatorten der Klassen sind denkbar. Gab es im Ort Sinti und Roma? Was ist mit ihnen geschehen? Woran erinnern sich ältere Leute? Sicher werden die Schüler bei einem solchen Projekt auf viele Vorurteile stoßen, die den Sinti und Roma heute noch entgegengebracht werden. Auch diese Vorurteile/ Aussagen sollten thematisiert und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. Sehr geeignet ist in diesem Zusammenhang der Text von Michael Krausnick: "Null problemo", veröffentlicht in "Zwischen Romantisierung und Rassismus. Sinti und Roma 600 Jahre in Deutschland".

Unterrichtsvorschläge

Vorstellen eines Schicksals

  • Betroffenheit der Schüler verbalisieren lassen: Diskussion, Gefühle äußern, mindmap zu den Hintergründen
  • Hintergrundmaterial aus dem Film, Internet und Print

Aufgaben:

  • Stelle das Schicksal einer Person vor. Beschreibe Erlebnisse und wichtige Lebensdaten.
  • Recherchiere in deiner Stadt. Was passierte in den Jahren 1940-1945 bei dir vor Ort?

Sammle Informationen vor Ort!

  • in Archiven (Zeitungsarchiv, Archiv für Stadtgeschichte, Kirchenarchiv ...)
  • durch Befragung von Zeitzeugen (Dokumentiere die Interviews mit Mikrofon und Rekorder, Videokamera oder schriftlich.)

Stelle deine Ergebnisse online und rege einen Internet-Austausch mit anderen Schulen/Stellen zum Thema an.

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Martina Frietsch