Am Anfang war der Tauschhandel
Vor vielen tausend Jahren, in der Steinzeit, lebten die Menschen in kleinen Gruppen zusammen und besorgten sich ihre Nahrungsmittel als Jäger und Sammler. Eigentum spielte für sie noch keine Rolle. Was die Menschen jagten, fischten und sammelten gehörte immer allen aus der Gruppe. Mit der Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht wurden die Dinge komplizierter. Als sesshafte Bauern konnten sie Überschüsse an Getreide, Milch oder Fleisch produzieren, dafür fehlten ihnen aber andere Dinge. Die ersten Ansätze von Tauschhandel kamen auf. Die Überschüsse an Grundnahrungsmitteln ermöglichten die Mitversorgung von Menschen, die sich auf die Herstellung von Waffen, Werkzeug, Schmuck oder Kleidung spezialisierten. Die Menschen mussten sich nicht mehr mit allem, was sie zum Leben benötigten, selbst versorgen. Sie tauschten Getreide gegen Fleisch, Waffen gegen Leder, Kupfer gegen Steinkrüge. Der Tauschhandel förderte die Arbeitsteilung.
Alles Kuhhandel?
Diese Entwicklung veränderte auch die Grundbedürfnisse der Menschen. Warum sich täglich mit einer Ration Hirsebrei und einem Fellkleid begnügen, wenn es auch andere Dinge gab? Wer eine Ration Fleisch haben wollte, weil er selbst nur Hirse besaß, musste aber erst einmal einen geeigneten Tauschpartner finden, der an Hirse interessiert war und eine Kuh oder anderes Vieh besaß. Nicht ganz einfach.
Es kam oft vor, dass man über mehrere „Ecken“ tauschen musste. Das war mühsam und unpraktisch. Zu jedem Handel musste der Ackerbauer zudem seine Hirsesäcke mitschleppen und der Tauschpartner sein Vieh. Eine weitere Schwierigkeit war die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Waren. Wie viel Hirse mochte zum Beispiel eine Kuh wert sein?
Textquelle: Tauschen heute
Von der Büroklammer zum Landhaus
Vor einem Jahr bot Kyle MacDonald, ein 26-jähriger Kanadier, im Internet eine rote Büroklammer zum Tausch an. Er hatte dabei eine verrückte Idee: Durch Tausch gegen einen jeweils wertvolleren Gegenstand wollte er zu einem Haus kommen. Jetzt war es so weit. Am Mittwoch erhielt er in der kleinen kanadischen Präriegemeinde Kipling den Schlüssel zu einem zweistöckigen Landhaus. (...)
Kyle MacDonald war arbeitslos, als ihn eine rote Büroklammer auf seinem Schreibtisch auf die Tauschidee brachte. Auf seiner Website oneredpaperclip.blogspot.com bot er die Büroklammer zum Tausch an. Er erhielt von einer jungen Frau aus Vancouver einen Füllfederhalter, tauschte diesen gegen einen Türknopf, es folgten Campingkocher, Generator, Partyausrüstung und ein Motorschlitten, den gab ein Montrealer Radiosender.
Kyle (...) tauschte schließlich gegen einen Nachmittag mit Alice Cooper und eine Glaskugel mit Schneegestöber von der Band Kiss. Der Regisseur Corbin Bernsen, ein begeisterter Schneekugel-Sammler, bot ihm dafür eine Rolle in seinem Film. Diese Rolle soll nun jemand in Kipling erhalten, dem Ort, der Kyle dafür das Haus schenkte. (...)
Die Bürgermeisterin Pat Jackson verspricht sich von dem Rummel, den Kyle auslöste, mehr Aufmerksamkeit für ihre Gemeinde (...). Wieviel die Gemeinde Kipling gezahlt hat, um das Haus zu erwerben, das sie Kyle MacDonald geschenkt hat, will Pat Jackson nicht offenbaren. „Aber das, was wir ausgegeben haben, hat sich bereits jetzt durch die Publizität ausgezahlt", glaubt sie.
Quelle: Berliner Zeitung vom 14.7.2006
Neue Zahlungsmethoden
Um die unpraktischen Seiten des Tauschhandels zu beheben, kamen viele Völker dieser Welt auf die gleiche Idee: Man tauschte nicht mehr die Waren selbst, sondern einigte sich auf ein Tauschmittel. Dieses Mittel sollte als Währung dienen, als Zahlungsmittel und zugleich als Wertmaßstab für den Warentausch. Welche Tauschmittel zum Einsatz kommen sollten, darüber gab es allerdings unterschiedliche Vorstellungen. In China und Ägypten wurde mit Reis, Tee, Pfeffer oder Weizen bezahlt. Die Regierungen legten fest, welchen Gegenwert die Naturalien hatten – also zum Beispiel wie viel Reis ein paar Lederschuhe kostete oder wie viel Pfeffer man für einen frischen Fisch bezahlen musste. Dadurch, dass der Gegenwert der Naturalien festgelegt war, wurde der Tauschhandel deutlich einfacher.
Vorläufer des Geldes
Doch all die Naturalien hatten einen entscheidenden Nachteil: Sie waren verderblich. Pfeffer, Reis und Tee waren nach einiger Zeit nicht mehr genießbar – und damit wertlos. Das wäre so, als ob sich Geldscheine heute einfach von selbst auflösten. Geeignete Tauschmittel benötigten also dringend bestimmte Voraussetzungen: Sie sollten haltbar, leicht zu transportieren, fälschungssicher und knapp sein. In Gegenden mit Stränden voller Muscheln machte es wenig Sinn, diese massenhaft vorhandenen Muscheln als Währung einzusetzen. Niemand hätte dafür kostbare Güter herausgegeben.Im alten China kamen die Menschen vor etwa 3500 Jahren auf die Idee, Kauri-Schnecken als Zahlungsmittel einzusetzen. Der große Vorteil bestand darin, dass diese Schneckenhäuschen sehr lange haltbar waren und damit ihren Wert behielten. Man kann sagen, dass Kauri-Schnecken so etwas wie das erste richtige Geld waren. Die ersten Münzen wurden etwa 650 Jahre vor Christus geprägt – im Königreich Lydien, auf dem Gebiet der heutigen Türkei. Die Geldstücke wurden aus Gold und Silber hergestellt und mit einem Stempel versehen, der den Wert eindeutig machte.
Textquelle: Tauschen anstatt zu bezahlen - die Idee der Tauschringe
Andreas Knorr stellt die Tüten auf den Küchentisch. "So, hier sind die Einkäufe", sagt er. "Endlich haben die Katzen wieder genug zu fressen", sagt Helga Korder erleichtert. Die Pensionärin ist vor zwei Wochen auf dem Glatteis ausgerutscht und hat sich den Arm gebrochen. Dadurch ist sie in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt und auf Hilfe angewiesen.
Da Dienstleistungen wie Einkaufen oder Haushaltshilfen teuer sind, hat sie auf die Angebote des Tauschforums Stuttgart zurückgegriffen, einer von mehreren Tauschringen in Stuttgart. Die Grundidee eines Tauschringes ist es, je nach Fähigkeiten, Dienstleistungen anzubieten. Als Gegenleistung erhält man kein Euro-Geld, sondern so genannte Talente, eine virtuelle Währung, die auf einem eigens eingerichteten Konto gutgeschrieben wird. Auch Waren können bargeldlos getauscht werden.
Tauschringe sind mittlerweile international verbreitet, allein in Deutschland gibt es mehr als 300. Bei dem Tauschforum Stuttgart verdient man pro Stunde 20 "Talente". Dabei werden alle Dienstleistungen gleich bewertet. "Es ist egal, ob jemand studiert hat oder nicht, Zeit wird bei jedem gleich verrechnet", sagt Gabriele Sonns, Mitglied des Organisationsteams.
Helga Korder ist vor zwei Jahren eingetreten, weil sie etwas für andere machen wollte wie beispielsweise Fahrdienste mit dem Auto. "Es ist schade, wenn das Auto nur herumsteht", sagt sie. Ansonsten bietet die ehemalige Lehrerin noch an, Kuchen zu backen oder Gestecke zu basteln. (...) Wie hoch eine Dienstleistung berechnet wird, vereinbaren die Teilnehmer. Falls sie sich nicht einig werden, schreitet die Schlichtungsstelle ein, die jedoch nur selten gebraucht wird.
Quelle: Stuttgarter Nachrichten vom 22.1.2007
Geld als Tauschmittel
Ohne Geld wäre das heutige Leben undenkbar. Was wäre, wenn es kein Geld gäbe?. Was würde man dem Bäcker für die Brötchen geben können? Und an der Kinokasse? Man müsste wohl irgendetwas von Wert hergeben, zum Beispiel das Lieblingsbuch. Aber glücklicherweise haben wir heute Geld als allgemein anerkanntes Tauschmittel. Wer z.B. arbeiten geht, tauscht seine Arbeitskraft gegen Geld ein. Mit diesem Geld wiederum kann man alle die Dinge ertauschen – also kaufen, die man braucht, um seine Bedürfnisse zu befriedigen.Im Gegensatz zu heute mussten Tauschmittel früherer Zeiten einen Eigenwert besitzen. Aus diesem Grund waren Münzen die meiste Zeit der Geschichte hindurch aus wertvollen Edelmetallen gefertigt, aus Gold und Silber. Das Vertrauen in einen nur gedachten Wert des Geldes war den Menschen lange Zeit nicht zu vermitteln.
Vom Bargeld zum Buchgeld
Heute hat sich Geld in Form fast wertloser Metallstücke und Papier durchgesetzt, begleitet von einem gesetzlichen „Annahmezwang“. Noch deutlicher ist der Unterschied beim Papiergeld: Natürlich ist das Papier eines 100-Euro-Scheins nicht wirklich hundert Euro wert. Aber bei einer Bank konnte man ihn jederzeit in Gold oder Silber im Wert von hundert Euro umtauschen lassen. Papiergeld kam erstmals vor etwa 1.000 Jahren in China zur Finanzierung eines Krieges zum Einsatz. Die Chinesen konnten die hohen Kosten nicht mehr allein mit Münzen begleichen, die Mengen waren zu groß. In Deutschland wurde Papiergeld aber erst im 19. Jahrhundert allgemein als Zahlungsmittel anerkannt. Viele Menschen bezahlen heute bargeldlos, also ganz ohne Scheine und Münzen – z.B. mit der EC-Karte oder einer Kreditkarte. Aus Bargeld wird „Buchgeld“, es taucht nur noch als Zahl im Computer oder auf dem Konto auf.
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Arbeitsteilung
Die Erfindung eines praktischen Tauschmittels ermöglichte die Ausweitung von Handelsbeziehungen. Aber es war vor allem die Arbeitsteilung, die dem Handel den Weg bereitete. Wer heute ein Brötchen essen will, kauft es in der Regel beim Bäcker. Wer Milch trinken möchte, geht in den Supermarkt oder direkt zum Milchbauern. Fast alles, was wir zum Leben benötigen, stellen andere Menschen für uns her, und wieder andere verkaufen uns die Ware. Es wäre viel zu aufwendig, wenn jeder sein eigenes Getreide anbauen und seine eigenen Brötchen backen würde. Oder wenn sich jeder selbst Kühe halten müsste, um Milch trinken zu können. Das war natürlich nicht immer so.
Jeder nach seinen Fähigkeiten ...
In der Steinzeit, als die Menschen Jäger und Sammler waren, da haben sich die Familien selbst versorgt. Sie haben sich ihr Essen erjagt, aus dem Fell der geschossenen Tiere Kleidung gefertigt und aus Steinen Werkzeug hergestellt. Erst mit dem Aufkommen der Landwirtschaft und der Erwirtschaftung von Überschüssen konnten die Menschen die Arbeit in der Sippe besser untereinander aufteilen. Wenn jemand zum Beispiel ein besonders begabter Jäger war, dann hat er nicht nur für sich gejagt, sondern auch für andere. Einer, der weniger Jagdglück hatte, dafür aber handwerklich geschickt war, hat dann eben Werkzeuge für die anderen hergestellt. So entstand Zug um Zug eine ausgeprägte Arbeitsteilung – die Menschen spezialisierten sich auf ihre besonderen Fähigkeiten.
Spezialisierung und Automatisierung
Wenn jeder das macht, was er am besten kann, dann bilden sich automatisch unterschiedliche Berufe und Branchen heraus – es findet eine Spezialisierung statt. Um die Herstellung von Kleidung kümmerte sich früher nur der Schneider. Heute sind daran Designerfirmen, Textilfabriken, Warenhäuser und Werbeagenturen beteiligt. Auch am Autobau sind hunderte Spezialisten beteiligt, die nur noch einzelne Teile herstellen – Bezüge für Autositze, Airbags oder Zündkerzen. Bei Volkswagen oder BMW werden diese Teile dann nur noch zusammengeschraubt.Da die Arbeitsteilung im Laufe der Zeit immer kleinteiliger wurde, entstanden immer speziellere Berufe und Unternehmen. Über 6.000 Berufe sind heutzutage auf den Seiten der Arbeitsagentur aufgelistet. Jedes Jahr kommen neue dazu: Mechatroniker für Kältetechnik oder mathematisch-technischer Softwareentwickler beispielsweise. Eine wichtige Rolle bei der Arbeitsteilung spielt auch die Automatisierung: Maschinen übernehmen einzelne Produktionsschritte – sie tackern Schilder an die Kleidungsstücke oder schneiden die Stoffe zu. Die Menschen, die diese Maschinen bedienen, brauchen dafür keine Schneiderlehre zu machen. Dafür sehen sie aber oft nicht mehr, wie die Hose, die sie bearbeiten, am Schluss aussieht – und welchen Sinn ihre Handgriffe haben. Die Arbeit ist oft monoton.
Steigerung der Produktivität
Doch: Je weniger Arbeitszeit, Materialkosten und Maschinen eingesetzt werden müssen, desto produktiver ist ein Unternehmen. Wo vor 20 Jahren noch über 100 Arbeiter mit der Verschweißung eines VW Polos beschäftigt waren, kann man sie heute an einer Hand abzählen – das Ergebnis von Automatisierung und neuen Technologien. 1975 benötigte man noch acht Stunden um einen Fernseher herzustellen, 1979 waren es noch vier, heute lassen sich mehrere Geräte in einer Stunde anfertigen. Ein anderes Beispiel aus der Landwirtschaft: Vor 100 Jahren ernährte ein Bauer drei weitere Personen – heute sind es mehr als hundert Menschen, die von seinen Erträgen leben können.
Textquelle: Arbeiten vollautomatisch?
André hat gerade Kupplungen montiert, 72 Stück in anderthalb Stunden. Das geht so: Der drahtige Blonde sitzt auf einem grauen Stuhl vor dem Fließband, dreht sich nach rechts, bückt sich, wuchtet eine Fünf-Kilo-Kupplung aus einer Kiste und steckt sie auf den halbfertigen Motor. Er zieht sechs Schrauben fest – fertig. Der nächste bitte. Fünfmal am Tag wechselt André seinen Platz am Fließband, schraubt mal im Stehen, montiert mal im Sitzen, damit die Belastung nicht ganz so einseitig ist. Trotzdem kamen irgendwann die Rückenschmerzen, inzwischen wacht er morgens davon auf. Seit 22 Jahren malocht er im VW-Werk in Salzgitter, Schichtdienst inklusive, für knapp 2.500 Euro brutto im Monat.
Ob er sich nicht mal versetzen lassen will? „Wohin denn?", fragt er ratlos. Er muss fast schreien, damit die Reporter, die ihn mit Schreibblöcken in der Hand umzingeln, verstehen. Autos zu montieren, macht Krach. (...) Die meisten Arbeiter schaffen mehr als zehn Jahre am Fließband, erzählt Betriebsrat Detlef Kays. Manche bleiben bis zur Frührente, weil sie sich irgendwann nichts anderes mehr zutrauen. Andere greifen zu, wenn sie die Chance haben, einen anderen Job zu übernehmen.
Viele wechseln in die Halle nebenan, wo Kurbelgehäuse gefertigt werden – und zwar vollautomatisch. Dort ist der Lärmpegel noch höher, aber immerhin gibt's hier keine Fließbandarbeit. Der 38-jährige Mehmet pult die gelben Stöpsel aus seinen Ohren und erklärt den Journalisten: „Wir überwachen die Produktion der Gehäuse." Er prüft, ob die Maschinen richtig gebohrt haben, korrigiert die Einstellung und wechselt die Werkzeuge. "Manchmal muss ich die Gehäuse vom Band nehmen, die Dinger wiegen fast 20 Kilo", sagt Mehmet. "Und manchmal muss ich auch in die Maschine reinkrabbeln und was reparieren.“
Quelle: Frankfurter Rundschau vom 30.1.2007
Globalisierung
Das T-Shirt ist „Made in China“. Der Computer kommt aus Taiwan. Und das Auto wurde vielleicht in Japan hergestellt. Würden unsere Turnschuhe in Deutschland statt in China produziert, wären sie um ein vielfaches teurer. Das liegt daran, dass ein chinesischer Arbeiter weniger als 100 Euro im Monat verdient. Davon könnte ein Deutscher nicht mal seine Miete bezahlen.
Jeder macht das, was er im Vergleich am besten und am billigsten kann. Dieses Prinzip der Arbeitsteilung macht in einer offenen Welt keinen Halt vor Ländergrenzen. Die Unternehmen, die in China produzieren, haben wegen der dort im Vergleich niedrigen Löhne einen Kostenvorteil gegenüber denen, die ihre Waren in Deutschland herstellen lassen.
Armut als „Kostenvorteil“?
Warum viele Menschen in Bangladesch, in vielen Ländern Afrikas oder auch heute noch in China sehr viel weniger verdienen als in Deutschland und dass in diesen Ländern sehr viele Menschen nach wie vor sehr arm sind, hat viele Gründe. Einer davon ist, dass die Menschen dort oft keine Ausbildung oder nicht einmal Schulbildung haben. So finden sie nur in den Fabriken Arbeit, für wenig Geld und unter schlechten Bedingungen. Firmen aus Europa und den USA sind dazu übergegangen, einfache Arbeitsschritte in diese Länder auszulagern – das Zusammenschrauben von Einzelteilen, das Nähen von T-Shirts oder das Kleben von Schuhen. Doch auch kompliziertere Arbeiten werden zunehmend verlagert. So entwickeln indische Computerspezialisten Software für Unternehmen aus Europa und den USA. Manche Länder spezialisieren sich aufgrund ihrer klimatischen Lage auch auf den Tourismus oder wegen ihrer Rohstoffvorkommen auf die Förderung von Erdöl oder Diamanten.
Textquelle: Spielzeug aus China
In den Fabrikhallen riecht es nach verbranntem Plastik. An langen Tischen stecken Arbeiter, die meisten sind Frauen, mit monotonen Handbewegungen bunte Plastikteile ineinander. Die Industriegebiete um Shenzhen und Guangzhou, im Süden Chinas an der Grenze zu Hongkong, sind das Zentrum der chinesischen Spielzeugindustrie. Schon vor ein paar Jahren gab es dort mehr als 1600 Spielzeugfabriken. Viele davon sind Hinterhoffabriken, ohne Lizenzen und Kontrollauflagen, in denen nur eines zählt: Das Spielzeug soll möglichst billig hergestellt werden.
China ist der weltweit größte Spielzeugproduzent. Schätzungsweise 75 Prozent aller Kinderspielzeuge werden in der Volksrepublik produziert. In Deutschland waren 2004 rund noch 58 Prozent aller verkauften Spielwaren "Made in China". Drei Jahre später sind es bereits 80 Prozent. Der Grund für den Erfolg: Die Herstellung von Spielzeug ist technisch anspruchslos, aber arbeitsintensiv. Die Arbeiter in Chinas Spielzeugfabriken verdienen oft weniger als den monatlichen Mindestlohn von 810 Yuan - umgerechnet 79 Euro. Dafür müssen die Wanderarbeiter aus den Provinzen, die in engen Mehrbettzimmern auf dem Fabrikgelände wohnen, häufig zwölf Stunden am Tag im Akkord schuften. In der Hauptsaison, den Monaten vor Weihnachten, haben sie oft wochenlang keinen freien Tag. (...)
Viele westliche Spielzeugmarken, darunter auch der US-Großkonzern Mattel, verlangen von chinesischen Zulieferern die Einhaltung von Mindeststandards in der Produktion und faire Arbeitsbedingungen. In der Praxis ist eine Kontrolle oft nicht möglich. Die Einkaufspreise für Spielzeug sind so niedrig, dass die Hersteller die Produktion in illegale Hinterhoffabriken auslagern. Dort sind die Arbeitsbedingungen brutal. Manche Landkreise in Südchina sind unter den Wanderarbeitern als "Fingerabschneide-Dörfer" berüchtigt, weil es an den Fließbändern so häufig zu Verletzungen kommt. In einer Fabrik bei Shenzhen wurden die Plastikteile für einen "Hello Kitty"-Spielzeugfotoapparat mit einer glühendheißen Maschine ausgestanzt, aus der das flüssige Plastik tropfte. Für die Arbeiter gab es weder Schutzvorrichtungen für die Hände noch Atemmasken. (...)
Quelle: Frankfurter Rundschau vom 16.8.2007
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Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Die menschliche Arbeit war schon immer eine Grundbedingung für die Herstellung und den Handel von Gütern. Arbeit ist daher ein wichtiger Produktionsfaktor. In einer modernen Fahrradfabrik arbeiten Menschen mit unterschiedlichsten Berufen. Manche haben nach der Schule eine Ausbildung als Fahrradmonteur gemacht, andere haben die Universität besucht und sind heute Ingenieure für Maschinenbau oder Produktdesigner. Allen gemeinsam ist, dass sie auf dem Arbeitsmarkt ihre Arbeit anbieten (Arbeitnehmer) und Unternehmen ihre Arbeit nachfragen (Arbeitgeber). In die Rolle der Arbeitnehmer schlüpfen wir alle irgendwann, um mit Arbeit unseren Lebensunterhalt verdienen zu können. Manche Menschen entscheiden sich bewusst für weniger Arbeit und mehr Freizeit, sie arbeiten beispielsweise nur halbtags. Sie nehmen damit in Kauf, weniger Einkommen zu erhalten und weniger konsumieren zu können.
Vom Wert der Arbeit
Die Arbeitskraft der Menschen ist also ein Wert. Doch das war nicht immer so. Früher bekamen Sklaven keinen Lohn für ihre Arbeit. Sie wurden „verkauft“ und insofern also wie Kapital behandelt. Ihnen war es nicht erlaubt, ihre Arbeitskraft für einen gerechten Preis selbst auf dem Markt anzubieten. Doch auch heute noch leben nicht alle Menschen in gerechten Arbeitsverhältnissen. Zwar wird die Arbeit der Menschen heute zumeist bezahlt, doch manchmal ist die Entlohnung so gering, dass das verdiente Geld kaum zum Leben reicht und noch dazu kaum Freizeit bleibt.
Arbeitsmarkt
Warum verdienen Spitzenfußballer und Popstars Millionen, ein einfacher Bankangestellter aber nur einen Bruchteil davon? Dafür gibt es mehrere Gründe. Zuerst einmal haben wir es beim Lohn mit einem Preis zu tun, der sich ähnlich wie bei Lebensmitteln oder Turnschuhen nach Angebot und Nachfrage richtet. Menschen, die eine Banklehre machen, gibt es genug. Dagegen gibt es nur wenige junge Talente, die das Zeug zum Superstar haben. Die Vereine und die Musikverlage reißen sich um die Besten und entlohnen diese entsprechend hoch. Profisportler oder auch Manager in Spitzenpositionen verdienen also weit mehr als der Durchschnitt. Bei den einen genügen Talent und Leistung, bei hochbezahlten Managern oder Ingenieuren ist es meist auch die langjährige Ausbildung, die zählt. Jede Ausbildung kostet Zeit und Geld – doch dafür sind die Unternehmen später auch bereit, mehr Lohn zu bezahlen. Schließlich hängt die Produktivität einer Firma davon ab, wie gut und schnell ihre Mitarbeiter arbeiten – sonst würde sie Pleite gehen. Derjenige, der keine Ausbildung hat oder lange Zeit arbeitslos war, hat deshalb weniger Chancen auf einen guten Job.
Angebot und Nachfrage
Doch wie viel man in einem Beruf verdient, hängt nicht allein von der Ausbildung ab, sondern auch von der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Vor einigen Jahren gab es beispielsweise zu viele Ingenieure. Die Unternehmen konnten sich die besten Bewerber aussuchen, die anderen verdienten weniger oder waren arbeitslos. Wegen der schlechten Aussichten entschieden sich damals viele Schulabgänger, lieber etwas anderes zu studieren. Heute gibt es deshalb zu wenige Ingenieure, und ihre Löhne sind immens gestiegen.
Globaler Wettbewerb um Arbeit
Viele Menschen bei uns in Deutschland haben Angst, aufgrund der Globalisierung von Arbeitslosigkeit bedroht zu werden: Plötzlich steht beispielsweise die Näherin einer Fabrik in Frankfurt in direktem Wettbewerb mit den Näherinnen in China. Ihre Arbeitskraft konkurriert sozusagen um ein und denselben Arbeitsplatz. Gegen einen Wettbewerb mit fairen Mitteln wäre nichts einzuwenden. Da in China das Leben billiger ist als bei uns, also ein niedrigerer Lebensstandard herrscht, ist es ganz normal, dass auch niedrigere Löhne bezahlt werden. Die Ungerechtigkeit entsteht erst, wenn Unternehmen Arbeitskräfte in ärmeren Ländern ausbeuten. Denn viele zahlen nicht nur sehr geringe Löhne, sondern verweigern ihren Beschäftigten auch alle Rechte, die für uns in Deutschland inzwischen selbstverständlich sind. Arbeit an sechs oder sogar sieben Tagen der Woche, unbezahlte Überstunden, keine Absicherung bei Krankheit oder im Alter, bei gefährlichen Arbeiten kaum Schutzmaßnahmen. Wer sich zur Wehr setzt, verliert seine Arbeit – und findet so leicht keine wieder.
Kostendruck versus Menschenrechte
Vor solchen Bedingungen schützen uns in Deutschland Gesetze: das Mitspracherecht der Gewerkschaften und die Sozialversicherung – beides hart erkämpfte Ziele der Arbeiterbewegung vor über 100 Jahren. Die Rechte der Arbeitnehmer haben aber auch ihren Preis. Sie sind der Grund, warum Arbeit „made in Germany“ mehr kostet als in China und anderen Ländern, in denen Arbeiter kaum Rechte genießen. Viele Firmen in Europa und den USA nutzen die Lage aus. Für sie zählt nur, je niedriger die Arbeitskosten, desto höher der Gewinn, egal zu welchen Arbeitsbedingungen. Doch die Unternehmen tragen nicht allein die Verantwortung. Wir alle, die Verbraucher, müssen uns fragen, wo und wie wurde dieser Turnschuh oder dieses Spielzeug hergestellt? Wie kommt dieser niedrige Preis zustande? Nur durch nachhaltigen Konsum können wir dazu beitragen, dass sich nicht nur Waren und Märkte globalisieren, sondern auch Menschenrechte, Umweltschutz und Arbeitnehmerrechte.
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Geld als wirtschaftliches Gut
Geld ist nicht nur ein Zahlungsmittel. Geld ist auch selbst eine Ware, ein wirtschaftliches Gut. Genauer gesagt: Geld ist ein Produktionsfaktor. So heißen Güter, die man braucht, um andere Güter bereitzustellen. Bevor z.B. ein Fischer frischen Fisch fangen kann, muss er Boot und Netze kaufen. Das Geld, das der Fischer für diese Anschaffung benötigt, nennt man auch Kapital.Kapital können die Menschen nur bilden, wenn sie verzichten. Sie verzichten darauf, das Geld auszugeben, das sie übrig haben. Statt beispielsweise ein neues Auto zu kaufen oder einen teuren Urlaub zu buchen, sparen sie das Geld. Nimmt man mehr ein, als man verbraucht, kann man dieses Geld eventuell verleihen – als Geldanlage an seine Bank zum Beispiel. Dank der Zinsen bekommt man hinterher mehr zurück, als man hergegeben hat.
Warum Zinsen steigen und fallen ...
Bei den Anbietern von Kapital handelt es sich meist um private Anleger, also Privathaushalte, oder um Staaten, die Teile ihres Vermögens langfristig und gewinnbringend anlegen wollen. Die Nachfrager sind Unternehmen oder wiederum Staaten, die Kapital zum Investieren benötigen. Der Ort, an dem sich beide Seiten treffen, ist der Kapitalmarkt. Zu welchem Preis nun das Kapital geliehen und verliehen wird, hängt wie bei allen knappen Gütern von Angebot und Nachfrage ab. Liegen große Mengen an erspartem Geld bei den Banken, wird der Preis – also der Zins – fallen. Ist zu viel Geld im Umlauf, oder man könnte auch sagen, sparen die Menschen zu wenig, wird das Geld bei den Banken knapp. Bei knapper Angebotsmenge wird der Zinssatz also wieder steigen, um mehr Anreiz für Anleger zu schaffen, ihr Geld als Kapital bei Banken und Börsen anzulegen.
Geld auf Kredit
Wer bei der Bank einen Kredit aufnimmt, also Geld leiht, der muss dafür eine Leihgebühr bezahlen, den Zins. Die Bank verlangt für Kredite höhere Zinsen, als sie den Sparern für das Anlegen von Geld ausbezahlt. Das heißt, die Bank kassiert mehr Gebühren für das Verleihen von Geld, als sie selbst für das Ausleihen zahlen muss. Auf diese Weise verdient die Bank Geld. Die Banken dürfen allerdings nicht einfach so nach Lust und Laune entscheiden, welche Preise sie für das Ausleihen von Geld zahlen und für das Verleihen kassieren können. Sie bekommen Vorgaben von den so genannten Zentral- und Notenbanken. Bei uns ist es die Europäische Zentralbank (EZB), die über die Höhe der Zinsen entscheidet. Und wie immer in einer Marktwirtschaft richten sich solche Preisentscheidungen nach Angebot und Nachfrage – in diesem Fall des Kapitalmarkts.
Kreditwürdig?
Einen Bankkredit nutzen Privatleute, wenn sie größere Anschaffungen planen – zum Beispiel um ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Die meisten Unternehmen leihen sich bei Banken Geld als Startkapital oder um in die Vergrößerung ihres Betriebs investieren zu können. Bevor die Banken Kredite gewähren, prüfen sie sehr genau, ob der Kreditnehmer „kreditwürdig“ ist, ob der Kreditnehmer z.B. genug Geld für die Rückzahlung des Kredits verdient. Jeder Kredit hat nämlich eine bestimmte Laufzeit, in der die Rückzahlung in Raten erfolgt. Man nennt das die Tilgung des Kredits. Nicht nur Banken vergeben Kredite. Auch schon ein Vertrag mit einem Telefonanbieter ist eine Form von einem Kredit. Da man erst am Monatsende die Telefongebühren per Rechnung bezahlen muss, hat man einige Wochen sozusagen „auf Kredit“ telefoniert.
Der Weg in die Schuldenfalle
Die coole Jeans, das angesagte Handy oder das neueste Mountainbike – oft haben wir Wünsche, die sich nicht sofort erfüllen lassen, weil wir nicht das Geld dazu besitzen. Warum also nicht einfach Schulden machen – heute kaufen und erst später bezahlen? Die Banken werben für Kredite mit günstigen Zinsen und preisen Kreditkarten an. Beim Einkauf mit Kreditkarte wird das Geld erst zum Monatsende vom Konto abgebucht. Ähnlich ist es mit dem Kauf auf Raten, den viele Geschäfte anbieten, oder mit Telefonverträgen. Erfolgen Wochen und Monate später die Abbuchungen, gibt es oft ein böses Erwachen: Man hat mehr Ausgaben gemacht, als Geld da ist – Schulden! Jetzt heißt es entweder auf vieles verzichten – oder neue Schulden machen, um die alten abzubezahlen. Ein Teufelskreis! Jede Anschaffung auf Pump will also sehr gut überlegt sein!
Vorausschauend planen
Geld leihen kann durchaus sinnvoll sein. Wer zum Beispiel eine Immobilie, also ein Haus oder eine Wohnung, auf Kredit kauft, der spart die Miete. Mit dem so Gesparten lassen sich die monatlichen Raten für die Rückzahlung des Kredits bezahlen. Außerdem hat eine Immobilie in der Regel einen bleibenden Wert. Das heißt man kann die Wohnung oder das Haus wieder verkaufen und nimmt das Geld wieder ein, das man sich geliehen hat. Schulden zu machen ist aber immer ein Risiko, denn die monatlichen Raten müssen pünktlich zurückbezahlt werden. Gespartes Geld als Sicherheitspolster zu haben ist ratsam, denn oft können unvorhersehbare Ereignisse das monatliche Budget durcheinanderbringen und die Ratenzahlung in Frage stellen. In Deutschland ist fast jeder zehnte Privathaushalt überschuldet, kann also die Raten nicht mehr zurückzahlen. Schuldnerberatungen, die gemeinnützige Organisationen oder die Verbraucherzentralen anbieten, haben immer größeren Zulauf.
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Entstehung der Bank
Im Mittelalter legten Kaufleute auf ihren Handelsreisen oft hunderte von Kilometern zurück. Sie hatten neben ihren Produkten meist noch viel Münzgeld im Gepäck, um auch im Ausland Waren einkaufen zu können. Das nutzten in vielen Gegenden Räuber aus – sie überfielen die reisenden Kaufleute und stahlen deren Geld. Deshalb kamen die Menschen auf eine Idee: Die Kaufleute zahlten ihre Münzen in der Heimat bei einem Geldwechsler ein und bekamen dafür eine Quittung ausgehändigt. Diese Quittung nannte man Wechsel. Damit konnte der Kaufmann dann in anderen Städten und Ländern zu einem Geldwechsler gehen und sich den eingezahlten Betrag wieder auszahlen lassen. Einen Teil der Münzen behielten die Geldwechsler für sich – sie verdienten an jedem Wechsel. Räuber konnten mit einem Wechsel nichts anfangen, denn die Münzen bekam nur derjenige ausbezahlt, dessen Name auf dem Wechsel vermerkt war. Mit der Erfindung des Wechsels war auch der bargeldlose Zahlungsverkehr erfunden.
Es begann in Florenz ...
Die Geldwechsler waren wichtig, weil im Mittelalter in fast jeder Stadt und jedem Landstrich andere Währungen galten. Wie der Name schon sagt, haben die Geldwechsler die Münzen verschiedener Währungen umgetauscht. Sie entwickelten sich so schnell zu wichtigen Unternehmern in Sachen Geld-Dienstleistungen. Die erste Bank, wie wir sie heute kennen, öffnete im Jahr 1462 im italienischen Florenz. Dort hießen die Geldwechsler „banchieri“, weil sie die Münzen immer auf einem Tisch (alt-italienisch: „banco“) ausbreiteten. Banken haben auch heute noch die Aufgabe, unser Geld sicher aufzubewahren und in verschiedene Währungen umzutauschen. Außerdem vergeben sie Kredite. Wie die Geldwechsler früher verdienen die Banken auch heute am Leihen, Verleihen und Aufbewahren des Geldes Geld.
Textquelle: Geschichte des Sparbuchs
Als 1778 die erste Sparkasse in Hamburg eröffnete und wenig später das erste Sparbuch herausbrachte, stand vor allem eine soziale Idee dahinter. „Es gab damals noch keinerlei staatliche Für- und Vorsorgeeinrichtungen", erzählt Thorsten Wehber, Historiker beim Deutschen Sparkassenverband. „Viele Menschen hatten keine Absicherung gegen Arbeitslosigkeit, Krankheit oder fürs Alter." Bei den Sparkassen gab es nun erstmals die Möglichkeit, gespartes Geld sicher zu verwahren, „also nicht unter dem Kopfkissen oder im Haus, wo mancher sein ganzes Geld durch einen Brand verloren hat." Die große Idee dabei aber war, sagt Wehber, „dass nun durch Zinsen mehr aus diesem Geld werden konnte."
Für die Banken entwickelte sich daraus ein gutes Geschäft. Durch die Spareinnahmen konnten sie nun auch Kredite ausgeben - an Gemeinden, die ihre Infrastruktur ausbauen wollten, oder an Handwerker und Händler, die das Geld für ein eigenes Geschäft brauchten. "Das hat die Industrialisierung ziemlich vorangetrieben", weiß der Historiker. „Plötzlich konnten Eisenbahnen, neue Straßen und Kanäle gebaut werden."
Heute, im Zeitalter des Zahlungsverkehrs per Email, der Geldautomaten für schnelles Geld und attraktiverer Zinsangebote, nimmt die Zahl der neuangelegten Sparbücher zwar ab, aber immerhin: Allein bei den Sparkassen werden noch über 62 Millionen Sparbücher geführt.
„Ich habe mein Sparbuch von meinem Opa zur Geburt bekommen", sagt die 20-Jährige Nadine, die in der Kreissparkasse Köln gerade am Geldautomaten steht. „Da kommt einmal im Monat etwas drauf. Das spare ich zur Sicherheit." Zwei Studentinnen schalten sich ein: „Klar haben wir ein Sparbuch. Auch wenn es angesichts der wenigen Zinsen kaum noch Sinn macht." Und wofür wird gespart? „Für den Urlaub, oder um sich mal was Besonderes leisten zu können."
Quelle: Webseite des WDR vom 27.10.2006:
http://www.wdr.de/themen/panorama/21/weltspartag/
Aktiengesellschaften – eine gewinnversprechende Erfindung
Große Unternehmungen verlangen viel Kapital. Daher kamen schon vor einigen hundert Jahren clevere Geschäftsleute auf die Idee, dass es besser wäre, wenn nicht einer allein das Kapital für ein Unternehmen organisieren müsste, sondern sich mehrere zu einer Gesellschaft zusammen täten. So schlossen sich in den Niederlanden mehrere Gewürzhändler zur „Vereinigten Ost-Indischen Kompanie“ zusammen. Ziel des Unternehmens war es, Gewürze aus Indien und anderen fernen Ländern per Schiff auf langen, riskanten Seereisen nach Europa zu transportieren. Hier konnten sie die begehrten Waren gewinnbringend verkaufen. Nicht nur Gewürzhändler, auch jeder andere, der Interesse hatte, konnte sich mit etwas Geld an der Kompanie beteiligen. Auf diese Weise bekamen die Händler sehr viel Startkapital zusammen. Sie kauften davon mehrere große Schiffe und heuerten Schiffspersonal an.
Geteilter Gewinn – geteiltes Risiko!
Heute funktionieren viele Unternehmen wie die „Vereinigte Ost-Indische Kompanie“, man nennt sie heute Aktiengesellschaften (kurz: AG). Die Menschen, die sich an einer AG beteiligen, heißen auch Gesellschafter. Sie investieren ihr Kapital in das Unternehmen und bekommen dafür Aktien, wie die Anteilsscheine an einer AG genannt werden.
Sie sind damit direkt am Gewinn des Unternehmens beteiligt. Allerdings teilen sie sich auch das Risiko des Geschäfts. Doch das war Teil der Idee der cleveren Gewürzhändler: Sank ein Schiff aus der Flotte „Vereinigte Ost-Indische Kompanie“ auf offener See, oder wurde es von Piraten ausgeraubt, so traf der Verlust nicht einen einzelnen Unternehmer. Der Verlust verteilte sich auf vielen Schultern.
Der Aktienmarkt
Eine Aktie ist eine besondere Urkunde oder auch: ein Wertpapier. Wer eine solche Urkunde von einer Aktiengesellschaft kauft, dem gehört ein Teil des Unternehmens. Folgerichtig ist er am Erfolg und Misserfolg des Unternehmens beteiligt. Wenn das Unternehmen gut wirtschaftet und Gewinn macht, dann steigt in der Regel auch der Aktienkurs. D.h. dass der Wert der Aktie, des Anteils am Unternehmen, steigt. Wenn das Unternehmen hingegen Verluste macht, dann verlieren auch die Aktien an Wert. Der Aktienkurs – und damit ihr Preis – sinkt. Wenn eine Aktiengesellschaft Gewinn macht und der Aktienkurs steigt, gibt das Unternehmen einen Teil dieses Gewinns direkt an die Aktionäre weiter. Für jede einzelne Aktie gibt es dann eine Gewinnbeteiligung, die auch Dividende genannt wird.
Marktplatz Börse
An der Börse treffen sich Leute, die Kapital für ihre Unternehmen benötigen, und Leute, die Kapital haben und gern mehr daraus machen möchten. Eine Börse ist nichts anderes als ein großer Marktplatz, an dem Händler Dinge kaufen und verkaufen. Das müssen keine Wertpapiere sein. Es gibt zum Beispiel Börsen, an denen Landwirte Tiere wie Milchkühe, Ochsen oder Schweine handeln. An anderen Börsen wird Kaffee gekauft und verkauft. In Leipzig gibt es sogar eine eigene Börse für den Handel mit Strom. Und es gibt Börsen, an denen Aktien gehandelt werden – zum Beispiel die bedeutende Frankfurter Börse. Zu welchen Preisen Waren oder Wertpapiere an der Börse den Besitzer wechseln, ergibt sich auch hier aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, d.h. auch eine große Nachfrage nach bestimmten Aktien kann deren Wert nach oben treiben. Jedoch: „die Börse ist keine Einbahnstraße“: steckt ein Unternehmen in der Krise, werden seine Aktien nicht mehr nachgefragt, können Aktien oft rasant an Wert verlieren...
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Wem gehört was?
Die Bibliothek, der Stadtpark oder die Fahrradwege und Straßen – all das sind so genannte „öffentliche Güter“ , die nicht von einem Unternehmen, sondern vom Staat bereitgestellt werden. Der Zugang zu ihnen steht grundsätzlich allen Mitgliedern der Gesellschaft offen – unabhängig von ihrem Einkommen. Zu den öffentlichen Gütern zählen auch so scheinbar selbstverständliche Dinge wie Bildung oder Sicherheit. Hierfür stellt der Staat Schulen, Universitäten und Lehrpersonal zur Verfügung, ein funktionierendes Rechtssystem mit einem Grundgesetz, dazu Gerichte, Polizei, Feuerwehr und auch die Bundeswehr.
Niemand darf leer ausgehen ...
Öffentliche Güter unterscheiden sich von privaten Gütern: Kauft man ein Buch, zählt es zum privaten Eigentum. Man alleine bestimmt, was man damit macht – z.B. wem man das Buch ausleiht. Bei diesem privaten Gut können alle anderen vom Konsum des Guts ausgeschlossen werden, wenn man das so haben will. Bei öffentlichen Gütern dagegen können andere nicht ausgeschlossen werden: Eine Straßenlaterne leuchtet zum Beispiel für alle, oder auch die Stadtbibliothek kann man nicht für sich alleine nutzen. Trotzdem kosten öffentliche Güter natürlich etwas. Die Bürger bezahlen sie indirekt über die Steuern. Wie viel Geld für welche öffentlichen Güter ausgegeben wird, bestimmt die Politik. Oft aber reichen die Steuereinnahmen nicht aus. Um die Kosten zumindest teilweise zu decken, können Stadt und Staat auch Gebühren erheben. Das Eintrittsgeld ins städtische Schwimmbad ist so eine Benutzungsgebühr, ebenso die Maut, die Lkw-Fahrer seit ein paar Jahren für die Benutzung deutscher Autobahnen bezahlen müssen.
Der Staat im Wirtschaftskreislauf
Einkommenssteuer, Gewerbesteuer, Mehrwertsteuer, Genusssteuer, Benzinsteuer....der Staat scheint im Erfinden von Steuerarten einfallsreich und unersättlich zu sein.Jedoch: mit dem Geld, das der Staat einnimmt, kauft er selbst ein. Er versorgt seine Bürger mit öffentlichen Gütern, wie etwa Schulen, Straßen, U-Bahnen und Schwimmbäder. Um die Straßen und all das zu bauen, beauftragt er Unternehmen, die er dafür natürlich auch bezahlen muss. Ein großer Teil der staatlichen Einnahmen fließt also an die Unternehmen zurück. Der Staat ist einer der größten Auftraggeber für die deutsche Wirtschaft. Mit den Steuergeldern kann der Staat auch gezielt bestimmte Unternehmen oder Branchen unterstützen. Setzt der Staat z.B. künftig auf regenerative Energien, stellt er finanzielle Erleichterungen oder Unterstützungen für die Herstellung oder den Kauf z.B. von Solaranlagen bereit. Solche staatlichen Hilfen nennt man Subventionen.
Zuviel „Staat“ in der Wirtschaft?
Unterstützung vom Staat erhalten auch all die Menschen, die nicht genug Geld für die Erfüllung grundlegender Bedürfnisse haben. Der Staat versucht so, Ungleichheiten auszugleichen, die die Menschen nicht selbst verschuldet haben. Sie bekommen so genannte Sozialleistungen gezahlt. Familien bekommen zum Beispiel Kinder- und Elterngeld, um höhere Kosten und Lohnausfälle durch die Kindererziehung ausgleichen zu können.
Der Staat mischt also kräftig mit im Wirtschaftsgeschehen. Er schränkt damit die Handlungsfreiheit von Unternehmen und Privathaushalten bewusst ein. Politiker und Wirtschaftsexperten streiten schon seit Jahrhunderten, welches Maß an Einmischung des Staates vertretbar ist und ob er überhaupt eingreifen soll, mit Hilfe von Subventionen beispielsweise.
Wirtschaftspolitik
In den Fernsehnachrichten und auf den Titelseiten der Tageszeitungen geht es fast immer um die gleichen Themen: Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, wie lässt sich das Wirtschaftswachstum ankurbeln, sind die Renten sicher und wann werden endlich wieder die Steuern gesenkt? Der Staat hat die Aufgabe, alle wünschenswerten Rahmenbedingungen für eine funktionierende Gesellschaft zu schaffen. Unternehmen benötigen Verkehrswege und Industriegebiete, Privathaushalte verlangen die Versorgung mit Wasser und eine im Notfall bereitstehende Feuerwehr, die Menschen wollen Parkplätze, Sportplätze und Kindergartenplätze.
Von der Schwierigkeit, richtig zu „steuern“
Damit immer genug Geld für diese öffentlichen Güter da ist, betreibt der Staat eine komplizierte Wirtschaftspolitik. Er muss genug Steuern einnehmen, um alles bezahlen zu können. Er darf aber nicht zu hohe Steuern verlangen, so dass den Bürgern noch genug zum Leben und Konsumieren bleibt. Steuererhöhungen können schnell ins Negative umschlagen: Nur wer viel Geld ausgeben kann, kann auch viel in die Staatskasse einzahlen – zum Beispiel über die Mehrwertsteuer. Und: Werden die Unternehmen zu hoch besteuert, bleibt ihnen weniger Geld für Löhne und Investitionen. Die Folge: Weniger Menschen werden eingestellt, Mitarbeiter werden gar entlassen, und die Arbeitslosigkeit steigt. Wirtschaftliches Handeln des Staates verlangt also Fingerspitzengefühl ...
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Sozialversicherung
Müsste jeder gleich viel für die Krankenversicherung bezahlen, hätte das schlimme Folgen: Wenn beispielsweise ein Arbeitsloser zu wenig Geld hätte, könnte er nicht mehr zum Arzt gehen. Damit das nicht passiert, hat der Staat die so genannte Sozialversicherung eingeführt. Sie versichert jeden unabhängig von Einkommen, Gesundheitszustand oder Alter gegen die zentralen Lebensrisiken. Sie funktioniert nach dem Solidaritätsprinzip: Wer mehr verdient, muss auch mehr einzahlen. Zur gesetzlichen Sozialversicherung gehören neben der Krankenversicherung die Arbeitslosenversicherung, die Renten- und die Pflegeversicherung. Jeder Arbeitnehmer muss einen bestimmten Anteil seines Bruttoeinkommens monatlich an diese Versicherungen abführen. Die Hälfte dieser Sozialabgaben bezahlt der Arbeitgeber dazu. Selbstständige sind von dieser Pflicht ausgenommen.
Wenn die Kassen leer werden
Die Sozialversicherung basiert auf dem Umlageprinzip: Alle Berufstätigen zahlen in die Kassen ein, und bei Bedarf erhalten sie dann entsprechende Leistungen. Das heißt die Jungen bezahlen die Renten für die Alten, die Gesunden kommen für die Kranken auf und die Berufstätigen für die Arbeitslosen. Solange genügend Menschen einzahlen, funktioniert das System. Doch wenn die Zahl der tatsächlich Bedürftigen die Zahl der Beitragszahler übersteigt, reicht das Geld nicht mehr aus. Das Umlageverfahren stößt an seine Grenzen. Heute ernähren etwa vier junge Menschen einen alten. In Zukunft werden es – durch den Bevölkerungsrückgang – nur noch drei und dann nur noch zwei Ernährer pro Rentner sein. Zur Zeit fordern viele eine Reformierung der Sozialversicherungen. Die richtigen Konzepte zu finden, ohne die Schwachen und Alten zu vernachlässigen – aber auch ohne die einzahlenden Arbeitnehmer noch weiter zu belasten, ist eine schwierige Aufgabe.
Wirtschaftssysteme im Vergleich
Wie kann der Wohlstand einer Gesellschaft am besten garantiert werden? Welches Wirtschaftssystem ist das beste und das gerechteste? In der Vergangenheit haben verschiedene Länder unterschiedliche Wirtschaftssysteme ausprobiert. In der freien Marktwirtschaft gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Wer ein gefragtes Produkt auf den Markt bringt, kann es zu einem höheren Preis verkaufen und hat mehr Erfolg als jemand, dessen Gut links liegen gelassen wird. In solch einer Marktwirtschaft gibt es allerdings viele Risiken: Nicht alle Menschen haben die gleichen Ausgangsbedingungen, um am Markt teilzuhaben. Wer Geld hat, kann sich leicht ein Geschäft, Maschinen und vieles mehr anschaffen und verfügt damit über die nötigen Produktionsfaktoren für die Herstellung von Gütern. Menschen aus ärmeren Verhältnissen verfügen zunächst nur über den Produktionsfaktor Arbeit. Das heißt, sie müssen ihre Zeit und ihre Kraft in Bildung stecken und gegen entsprechende Entlohnung an den Arbeitsmarkt „verkaufen“. Die Mechanismen einer vollkommen freien Marktwirtschaft führen dazu, dass Reiche immer reicher und Arme immer ärmer werden.
Freie Marktwirtschaft und Zentrale Planwirtschaft
Um solche Schräglagen eines freien Marktes zu verhindern, haben einige Länder in der Vergangenheit das Privateigentum ganz abgeschafft und versucht, die Wirtschaft zentral zu steuern. Unternehmen und Kunden mussten sich einem großen Plan unterwerfen: Der Staat legte genau fest, wie viele Gemüse und wie viel Fleisch pro Jahr gegessen wird und schrieb den Unternehmen bis ins Detail vor, welche Produkte sie in welcher Menge herstellen sollten. Damit sich alle alles leisten konnten, wurden auch die Preise zentral vorgegeben. Heute gibt es kaum noch Länder, die auf reine Planwirtschaft setzen. Denn es ist äußerst schwer zu berechnen, wie viel von einer bestimmten Ware benötigt wird, und Engpässe durch schlechte Ernten oder ausbleibende Lieferungen sind kaum kalkulierbar. Güter werden schnell sehr knapp. Ein weiteres Problem: Weil die Preise ohnehin festgelegt sind, muss sich niemand anstrengen, möglichst pfiffige und schöne Produkte herzustellen. Außerdem gehören alle Unternehmen dem Staat, weshalb sich nicht jeder richtig für sie verantwortlich fühlt.
Soziale Marktwirtschaft
Die nach dem Zweiten Weltkrieg getrennten Teile Deutschlands, die Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die Deutsche Demokratische Republik (DDR), entschieden sich für unterschiedliche Wirtschaftssysteme. Die DDR führte die zentrale Planwirtschaft ein, die BRD dagegen die „Soziale Marktwirtschaft“.
Grundsätzlich wollten die Gründungsväter der Bundesrepublik einen freien Markt: Angebot und Nachfrage bilden den Preis, Menschen verdienen unterschiedlich viel, weil sie unterschiedlich viel leisten, und einige haben bessere Ausgangsbedingungen als andere. Jedoch versuchte man, die Menschen vor den Ungerechtigkeiten einer komplett freien Marktwirtschaft durch die Einführung einer „sozialen“ Marktwirtschaft zu schützen.
Beabsichtigter „Regelbruch“
Durch gezieltes Eingreifen des Staates soll möglichst allen Menschen der gleiche Zugang zum Wirtschaftsgeschehen ermöglicht werden. Damit verstößt der Staat klar gegen die Regeln der freien Marktwirtschaft. Doch der Regelbruch ist beabsichtigt und soll für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen. So bezahlt der Staat z.B. Menschen, die aufgrund von Krankheiten bestimmte Arbeiten nicht mehr ausüben können, eine Umschulung. Ausländer erhalten Sprachkurse. Eltern bekommen Kindergeld. Das ist kein Selbstzweck, sondern soll der Wirtschaft dienen: Nur wenn der Staat für faire Bedingungen sorgt – so die Annahme – kann der Markt auch optimal funktionieren, und alle Menschen können am Wirtschaftsleben teilhaben. Um Ungleichheiten aufzuheben, verteilt der Staat in der Sozialen Marktwirtschaft die Einkommen seiner Bürger um. Er erhebt einkommensabhängige Steuern und sichert den Menschen einkommensunabhängig bestimmte Sozialleistungen zu.