Klein-Venedig war das bedeutendste Fleckchen Land, das ein deutsches Handelshaus im Zuge der kolonialen Erschließung Amerikas im 16. Jahrhundert in Besitz nahm. Klein-Venedig umfasste den Teil Südamerikas, auf dem das heutige Venezuela liegt. Die in Augsburg und Nürnberg ansässige Patrizierfamilie der Welser bekam das Land am 27. März 1528 im Generalvertrag durch Kaiser Karl V. als Lehen zugesprochen. Das Handelshaus erhielt das Recht, das Land zu besiedeln und auszubeuten. Die Welser durften 4.000 Afrikaner und die Einheimischen versklaven und genossen die Freistellung von sämtlichen Zöllen und Hafengebühren in Sevilla. Kaiser Karl V. war nicht freiwillig derart generös – er hatte sich bei der Welser-Familie hoch verschuldet und konnte seine Kredite nicht tilgen. Die Lösung war die Überlassung der südamerikanischen Kolonie „Venezuela“ mit sämtlichen Handelsprivilegien. Ein heikles und nicht allzu lange währendes Unterfangen, das die süddeutschen Kaufleute mitunter in den Ruin trieb.
Auch die bedeutende Handelsfamilie der Fugger zeigte Interesse an der Eroberung der Neuen Welt. 1525 beteiligte sich Jakob Fugger finanziell an der Expedition des spanischen Seefahrers García Jofre de Loaísa, entlang der brasilianischen Küste in Richtung Pazifik. Die Fugger verloren dabei um die 10.000 Dukaten (das entspricht ungefähr der Summe von 720.000 Euro). Ursprünglich hatten sie Interesse an dem Gebiet, das heute Chile entspricht. Da die Fugger sehr umsichtige Kaufleute waren, ratifizierten sie den Vertrag nach der gescheiterten Expedition nicht. Ihre Skepsis sollte sich als richtig erweisen.
Anders die Welser: Der deutsche Konquistador, Ambrosius Ehinger, kam 1529 als erster Statthalter mit 281 Kolonisten nach Klein-Venedig. Dort gründete er, im Auftrag der Welserschen Handelsgesellschaft, die Siedlung Neu-Nürnberg, heute Maracaibo. Besonders der Sklavenhandel prosperierte, wobei die Kolonialherren äußerst brutal gegen die indigenen Völker vorgingen. Der spanische Missionar Bartolomé de Las Casas, der sich früh für die Rechte der Indios einsetzte, berichtete in seinen Aufzeichnungen: „Die Deutschen sind schlimmer als die wildesten Löwen.“
Getrieben waren die Welser vor allem von ihrem Verlangen nach Gold. Sie hofften auf ihren Eroberungszügen das „sagenhafte Eldorado“ zu finden. Dies gelang aber weder Ambrosius Ehniger, der 1533 durch einen Giftpfeil starb, noch seinem Nachfolger Nikolas Federmann bzw. den folgenden Statthaltern Georg Hohermuth von Speyer und Philipp von Hutten mit ihren zahlreichen Eroberungsfeldzügen. Im Jahr 1546 war die Kolonialpolitik der Welser gescheitert. Karl V. kündigte den Venezuela-Vertrag mit den Konquistadoren aus Süddeutschland auf. Die einst erfolgreiche Handelsfamilie strauchelte und fiel schließlich über die zu enge Bande mit dem Haus Habsburg, das die Welser mit seinen Ausständen in die Zahlungsunfähigkeit getrieben hatte. Am 1. Juli 1614 erklärte die Augsburger Handelsgesellschaft der Welser ihren Banktrott, die Nürnberger Linie war schon 1610 aufgelöst worden.
Im Jahr 1246 wird der Name Welser erstmals urkundlich erwähnt. Die Welsersche Handelsgesellschaft tritt jedoch erst mit dem Namen Anton Welser um 1420 in Erscheinung. Durch Welsers Heirat mit Katharina Vöhlin, der Tochter einer Handelsfamilie aus Memmingen, gelang Anton I. die Gründung der Welser-Vöhlin-Gesellschaft. Seine ersten Schritte wagte der Jungunternehmer im Textilhandel – er vertrieb vor allem Baumwolle und Barchent, ein Mischgewebe. Als weitere Standbeine kamen der Bergbau, der Seehandel und der Gewürzhandel mit Indien dazu. Insbesondere in Indien witterte Anton I. schon früh hohe Gewinne. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts übernahm der jüngere Bruder Antons, Jakob I., die Nürnberger Faktorei der Welser – die Geburtsstunde der Nürnberger Linie. Vor allem durch den Import von Safran, stieg Nürnberg zum Zentrum des Gewürzhandels auf. Jakob I. gründete die Nürnberger Welsersche Handelsgesellschaft, die jedoch eng mit der Augsburger Linie kooperierte. Neben dem Kupfer, Zinn- und Silbergeschäft vermehrten die Welser ihren Reichtum durch Kreditgeschäfte, schafften es aber nie, ihre Konkurrenten, die Fugger, zu übertrumpfen. Nach dem Tod Anton I. Welser führte Bartholomäus V. Welser die Augsburger Linie weiter. Unter seiner Führung entwickelte sich die desaströse Politik der Welser in Südamerika. Der letzte Welser verstarb 1878.
Im Gegensatz zu der alteingesessenen Patrizierfamilie der Welser, ließen sich die Fugger erst 1367 in Augsburg nieder. Hans Fugger versuchte sich zunächst in der Textilherstellung. Der Tuchhandel expandierte in Kürze erfolgreich bis Lissabon, Venedig und Antwerpen. Als Hans 1408 verstarb, übernahmen seine Söhne Andreas und Jakob die Geschäfte mit zwei Familienbezeichnungen: 1462 wurde die Linie der »Fugger vom Reh« (Andreas) gegründet, 1473 die Linie der »Fugger von der Lilie« (Ulrich, Sohn Jakobs), die bis heute existiert. In nur drei Generationen stiegen die Fugger zur führenden Kaufmannsfamilie der Reichsstadt auf. Aufgrund seiner Beziehung zu den Habsburgern, die durch etliche Verknüpfungen in den Edelmetall,- Waren- und Finanzierungsgeschäften entstanden waren, gilt Jakob Fugger, der Reiche, heute als erfolgreichster Bankier seiner Zeit. Im 17. Jahrhundert verlagerten die Geschäfte sich zunehmend nach Spanien und der umfangreiche Grund- und Herrschaftsbesitz ermöglichte der Familie eine neue wirtschaftliche und soziale Basis: Die Kaufleute avancierten zu Adeligen, die fortan bedeutende Positionen im Reich und in der Kirche bekleideten. Ein Teil des Vermögens brachten die Fugger in ihre Stiftungen ein; bis heute besteht in Augsburg noch die Fürst-Fugger-Privatbank AG.