Zur Geschichte Islands:
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Bereits seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. war die Existenz und die ungefähre Lage Islands bekannt. Man beschrieb die Insel in antiken Quellen als das Land der Thule, den Vorfahren der heutigen nordamerikanischen Inuit. Etwa im 8. Jahrhundert n. Chr. zogen irische Mönche auf die Insel, wo sie als Einsiedler lebten.
Seit 620 n. Chr. hatten die Wikinger begonnen sich auf den Orkney- und Shettlandinseln niederzulassen. Etwa 200 Jahre später besiedelten sie die Färöerinseln und erreichten um 900 n. Chr. Island. Dort verdrängten sie die irischen Mönche. Ihnen folgten hauptsächlich Bauern und Vertriebene, die in ihrer alten Heimat Norwegen keinen Platz mehr fanden.
Berichte aus der Zeit der Landnahme stammen fast ausschließlich aus dem 13. Jahrhundert und sind teilweise stark durch Legendenbildungen verzerrt. Bis etwa 1260 gab es in Island keinen Herrscher oder König. Das Land wurde von zunächst 36, später 39 Goden verwaltet. Die Goden waren die Vorsteher der einzelnen Siedlerclans. Jedes Frühjahr trafen sie sich auf regionaler Ebene mit ihren Gefolgsleuten zu Besprechungen, die man "Thing" nannte.
Ab 930 wurde ein solches Treffen auch auf Landesebene abgehalten, das "Althing". Das Althing schuf ein einheitliches Gesetz für alle, die auf der Insel lebten und war zugleich die höchste Gerichtsinstanz.
[Bild Vergrößerung] Aufgrund des langen Bestehens dieser "Nationalversammlung" rühmen sich die Isländer eine der ältesten "parlamentarischen Demokratien" der Welt zu besitzen. Die Treffen des Althing fanden in Thingvellir am Thingvallavtn statt, einem auch für die weitere Geschichte Islands bedeutenden Ort.
Um 1000 n. Chr. wurde das Christentum durch das Althing als Staatsreligion eingeführt. Bei jenem Treffen gab es zwei Parteien; eine, die für die Einführung des Christentums und eine, die dagegen war. Mehr oder weniger durch Bestechung erreichte man einen Kompromiss. Das Christentum wurde zwar offizielle Staatsreligion, aber die heidnischen Bräuche waren weiterhin erlaubt. Das Godentum funktionierte bis ins 11. Jahrhundert hinein sehr gut. Schließlich schafften es aber einige Goden sehr mächtig zu werden, was zu Streitigkeiten und letztendlich zwischen 1220 und 1260 zu einem Bürgerkrieg führte. Diesen nutzte der norwegische König, um die Macht über Island zu erlangen. Auch die katholische Kirche mischte sich in die Auseinandersetzungen ein, da sie daran interessiert war, die abtrünnigen isländischen Katholiken unter ihre Herrschaft zu bekommen. Als Folge der Auseinandersetzungen wurde Island dem norwegischen König, der nun an der Spitze eines neuen nordischen Großreiches stand, tributpflichtig.
Zu den politischen Schwierigkeiten, durch die das Althing mehr und mehr an Bedeutung verlor, kamen zwischen 1200 und 1700 noch etliche Naturkatastrophen. Mehrere Vulkanausbrüche und Erdbeben, die sogenannte "kleine Eiszeit" (1200-1500), so wie eine Pestepedemie in der Mitte des 15. Jahrhunderts verschlechterten die Versorgungslage und reduzierte die Bevölkerung der Insel in starkem Maß.
[Bild Vergrößerung]Beinahe die Hälfte der Höfe musste aufgegeben werden und die Fischerei mit einem steigenden Exportvolumen nach Dänemark und Norwegen wurde in jener Zeit zum wichtigsten Erwerbszweig.
Durch neue Machtverhältnisse in den nordischen Königshäusern geriet Island 1380 unter dänische Herrschaft. Beim Übertritt des dänischen Königs zum Protestantismus 1536 wurde auch Island reformiert. 1602 monopolisierten die Dänen den isländischen Fischhandel und verdrängten so die Briten und die Hanse. Die Einführung des Monopolhandels hemmte die Entwicklung der isländischen Wirtschaft. Die Bevölkerung profitierte kaum vom großen Fischreichtum. 1662 wurde der Absolutismus auch in Island eingeführt.
Der Ausbruch der Lakisspalte 1783-1785 kostete ca. 20% der Bevölkerung das Leben. Das zuständige dänische Ministerium erwog die vollständige
Evakuierung der Insel, da man nicht bereit war, die Kosten des Wiederaufbaus
zu tragen.
[Bild Vergrößerung] Im Jahr 1800 wurde das Althing aufgelöst. Isländische Unterhändler bemühten sich um eine relative Unabhängigkeit, während der größte Teil der Bevölkerung mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt war.
1830 gelang es den Isländern einen von den Dänen tolerierten neuen Althing einzuberufen, der 1843 erstmals zusammentrat. 1854 wurde der Monopolhandel aufgehoben, der die selbständige Entwicklung der Insel so lange behindert hatte. Der Ausbruch des Askja 1874 führte erneut zu einer großen Auswanderungswelle, diesmal nach Nordamerika. Im selben Jahr besuchte der dänische König anlässlich der 1000jährigen Besiedlung die Insel. Bei diesem Anlass wurde eine neue Verfassung in Kraft gesetzt. 1903 wurde den Isländern eine eigene Regierung zugestanden. Ausgelöst durch den Ersten Weltkrieg gab es 1915 eine weitere Verfassungsänderung. Island wurde zu einem eigenständigen Königreich, das mit dem dänischen in Personalunion verbunden war. Für außenpolitische Fragen war weiterhin das zuständige dänische Ministerium verantwortlich.
1940 wurde Dänemark im Zweiten Weltkrieg durch deutsche Truppen besetzt. Island war nun der verbleibende Teil des "unabhängigen" Dänemarks und wurde zum Zufluchtsort für viele Dänen.
[Bild Vergrößerung] Die Insel wurde gegen den Willen der Bevölkerung von amerikanischen und britischen Truppen zu einem Militärstützpunkt ausgebaut. Damit wollte man der Gefahr einer Besetzung durch die Deutschen vorbeugen.
1943 lief der Vertrag über die königliche Personalunion mit Dänemark aus. Der Vertrag wurde jedoch von den Isländern weiter aufrecht erhalten, da es kein Dänemark in einer freien Rechtsform gab. Denn Dänemark war zu dieser Zeit immer noch von den Deutschen besetzt. 1944 jedoch kündigte das Althing den Vertrag einseitig. Am 17. Juni wurde der Freistaat Island in Thingvellir ausgerufen. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges trat Island 1946 der UNO und 1949 der NATO bei, lehnte jedoch zunächst die Anfrage der USA ab, die Land für drei Militärbasen für 99 Jahre pachten wollten. Bedingt durch den Kalten Krieg bewilligten die Isländer aber 1951 die Errichtung amerikanischer Stützpunkte zur Überwachung des Luftraumes, der U-Boot-Strecken und des Bootsverkehrs. Island war 1947 Gründungsmitglied der OEEC, der Vorgängerorganisation der OECD. 1970 trat Island der EFTA, der europäischen Freihandelszone, bei. Wirtschaftlich und politisch orientierte sich Island in der jüngsten Vergangenheit mehr in Richtung Europa, ohne jedoch einer weiteren europäischen Organisation beizutreten.
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Da der Fischfang nach wie vor Haupterwerbszweig ist, dehnten die Isländer ihre Fischereigrenzen 1952 auf 4, 1958 auf 12, 1972 auf 50 und schließlich 1975 auf 200 Seemeilen aus. 1986 rückte Island in den Mittelpunkt der internationalen Politik, als sich in Reykjavík der amerikanische Präsident Reagan und der sowjetische Generalsekretär Gorbatschow zu einem Gipfeltreffen einfanden.
Immer wieder kam es auch in diesem Jahrhundert zu schweren Vulkanausbrüchen und Naturkatastrophen, wie beim großen Ausbruch unter dem Vatnajökull-Gletscher 1996.
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