Deutsch lernen mit Mumbro & Zinell

Auf dem Bauernhof | Bericht aus der Praxis

Stand
Autor/in
Dagmar Reik-Joos

Deutsch lernen mit „Mumbro & Zinell auf dem Bauernhof"

Der Film „Mumbro & Zinell auf dem Bauernhof" wurde in einer zweiten Grundschulklasse eingesetzt. 80% der Kinder dieser Grundschule kommen aus Migrationsfamilien, vorwiegend aus der Türkei, aus dem ehemaligen Jugoslawien, Italien und aus Ländern Nordafrikas. Auch viele Kinder aus Krisen- und Kriegsgebieten besuchen die Schule.Die meisten Schüler haben Sprachprobleme. Selbst die deutschen Kinder verfügen über einen verminderten Wortschatz und verständigen sich oft in Drei-Wortsätzen oder Satzfragmenten.

Einsatz von "Mumbro & Zinell auf dem Bauernhof" im Unterricht

Ein junges Mädchen sitzt in einer Schulklasse.
Einsatz im Unterricht.

Ein großes Ziel von Unterricht und Erziehung ist es, bei Kindern Verständnis für Lebenszusammenhänge zu wecken. Die meisten Kinder interessieren sich für Haustiere. Die Auseinandersetzung mit diesem Interesse sowie eigene Erfahrungen mit einem Haustier werden jahrgangsübergreifend thematisiert. Dazu gehört auch der Themenbereich Verantwortung für ein Tier zu übernehmen und seine Bedürfnisse zu beachten.

Nach den Herbstferien im Oktober 2009 wurden die Schüler am Ende einer Musikstunde zunächst nur durch den Text des Eingangsliedes auf „Mumbro & Zinell“ aufmerksam und neugierig gemacht. Am Tag darauf, bevor der Film gezeigt wurde, stellten sie Vermutungen über Aussehen der beiden Figuren und ihre Lebenswelt an. Danach folgten die Kinder mit großer Aufmerksamkeit der Handlung des Filmes. Nach dem Ende des Filmes sammelte ich die Eindrücke der Kinder in einem Erzählkreis. Sie begannen von selbst zu erzählen was ihnen gefallen und was sie besonders beeindruckt hat:

Gefallen hat:
• dass Mumbro & Zinell Mascha helfen
• dass beide Figuren wie Olchis aussehen
• dass viele Tiere im Film zu sehen sind
• dass plötzlich ein Gorilla auftaucht
• dass die Freunde für Mascha eine Geburtstagsparty geplant haben
• dass der König am Ende zufrieden war

Nicht gefallen hat:
• dass der König in der Höhle nichts zu fressen für das Küken hat!
• dass der König so rumschreit
• dass der Film so schnell vorbei war

Um zu sehen inwieweit der Inhalt des Films von den Kindern verstanden wurde, schloss sich ein Richtig- / Falsch- Bewegungsspiel an. Die Kinder stellten sich in zwei parallelen Gruppen hintereinander auf. Die jeweils vordersten Kinder jeder Mannschaft beantworteten Fragen, indem sie einen Richtig- bzw. Falsch-Stuhl besetzten. Die beiden Stühle standen vorne an der Tafel: Nach der Fragestellung liefen die Kinder schnell zum entsprechenden Stuhl und konnten so bei richtiger Beantwortung für ihre Gruppe Punkte sammeln. Bei dem Spiel zeigte sich, dass Fragen zum Inhalt des Films weitgehend richtig beantwortet wurden.

Anschließend erhielten die Schüler das Arbeitsblatt 1: Es sollten Bilder zum Film gezeichnet werden, anschließend sollten die Schüler in kurzen Sätzen notieren, was sie gemalt hatten.

Ausgefülltes Arbeitsblatt, auf dem Bilder zum Film gemalt wurde.
Ausgefülltes Arbeitsblatt

Hier zeigte sich, dass die Kinder zum großen Teil über einen sehr eingeschränkten Wortschatz verfügen. Kinder am Anfang des zweiten Schuljahres sind nicht sicher bei der Umsetzung der Laut-Buchstaben-Zuordnung, viele haben noch motorische Schwierigkeiten, die nur langfristig und durch gezieltes Üben abgebaut werden können. Kinder, die im Grunde genommen wissen, dass sie noch nicht oder noch nicht gut und schon gar keinen Aufsatz schreiben können, stehen unter einem nicht zu unterschätzenden Erfolgszwang, auch weil sie die Resultate ihrer eigenen Textproduktion vor Augen haben.

In zwei weiteren Stationen bearbeiteten die Schüler anschließend zwei Arbeitsblätter zum Thema Tiere: Sie ordneten den abgebildeten Tieren Namen und entsprechende Artikel zu. Mit Hilfe des Bild- und Wortmaterials lasen mir die Kinder dann ihre Ergebnisse vor (Arbeitsblatt 2). Die Namen der Tiere wurden in einem Kreuzworträtsel von den Kindern aufgeschrieben (Arbeitsblatt 3)

Am folgenden Tag wurden ausgedruckte Fotos (Screenshots) aus dem Film als Kommunikationsanlass eingesetzt. Die Kinder beschrieben die Bilder, ordneten sie und versuchten mit ihrer Hilfe die Handlung des Films nachzuerzählen. Dies erfolgte in Einzelarbeit. Alternativ könnten circa 10-12 Screenshots farbig ausgedruckt und foliert werden. Die Klasse wird in zwei Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe erhält die Hälfte der zur Verfügung stehenden Screenshots. Im Klassenzimmer sind zwei Wäscheleinen gespannt. Wäscheklammern stehen in ausreichender Anzahl zur Verfügung. Aufgabe der Gruppen ist es nun, die Screenshots in der richtigen Reihenfolge auf der Wäscheleine aufzuhängen. Dabei findet ein sehr intensiver Informationsaustausch über den Ablauf des Filmes statt.

Eine Übung zum Text- und Leseverständnis schloss sich an. Die Kinder erhielten das Arbeitsblatt 4 mit Textabschnitten in ungeordneter Reihenfolge. Die Schüler suchten sich einen Partner und lasen sich im Wechsel die Textteile vor. Anschließend wurden die Abschnitte ausgeschnitten, der richtigen Reihenfolge nach geordnet und aufgeklebt. Zwischen den Lesepartnern entstanden teilweise lebhafte Diskussionen über die richtige Szenenfolge. Schwache Leser wurden in einer kleinen Gruppe zusammengefasst und erledigten diese Aufgabe mit meiner Unterstützung. Dabei wurden auch Verständnisfragen zum Film besprochen.

Als Hausaufgabe sollten die Kinder ihren Eltern den Inhalt des Films erzählen. Da viele Kinder am Morgen bis ins Klassenzimmer gebracht werden, konnte ich bei den Eltern auch Interesse an dem im Klassenzimmer angebrachten Plakat mit den Filmbildern erkennen. Die Kinder konnten Fragen der Eltern beantworten.

In der darauf folgenden Sachunterrichtsstunde zeige ich ein Poster mit dem Bild eines Bauernhofes. Es wurde in der Klasse aufgehängt. Die Schüler äußerten sich spontan was sie erkannten.

In einer anschließenden Diskussionsrunde „Leben in der Stadt oder Leben auf dem Bauernhof?“ sollten sich die Kinder äußern. Da viele der Migrantenkinder aus ländlichen Gebieten stammen, waren alle an der Fragestellung interessiert und äußerten sich lebhaft. Dabei wurde auf einen vollständigen Antwortsatz geachtet. „Ich würde lieber in der Stadt wohnen, weil….“ oder „Ich würde lieber auf einem Bauernhof leben, weil…“

Die Kinder schrieben ihre Argumente auf Notizzettel, die unter „Stadt“ oder „Bauernhof“ auf einem Plakat aufgeklebt wurden.

In der folgenden Einheit sollten die Kinder lernen, das Aussehen von Tieren näher zu beschreiben. Der neue Wortschatz war als Bildmaterial vorhanden. Es wurde ein Erzählkreis gebildet. Zunächst wurden Bilder von Tieren, die auf dem Bauernhof leben, in die Mitte gelegt (Arbeitsblatt 5). Die Kinder ordneten den vorhandenen Tieren Namen und Artikel zu und berichteten von Erlebnissen mit bestimmten Tieren.

Um das Aussehen der Tiere zu beschreiben waren auf Bildkarten (Arbeitsblatt 6) einzelne Merkmale der Tiere dargestellt. Zur Anwendung und Sicherung des neuen Wortmaterials wurden diese Merkmale zuerst den dazu passenden Tieren zugeordnet und dann beschrieben.

Weitere Übungsmöglichkeiten

Spiel „Stimmt denn das?“

Die Bildkarten liegen gemischt und verdeckt auf zwei Stapeln. Ein Kind beginnt und zieht aus jedem Stapel eine Karte. Nun hat es ein Tier und ein Merkmal. Mit diesen beiden Wörtern wird eine Frage gebildet, die ein anderes Kind beantworten muss, z. B. „Hat die Kuh einen Schnabel?“

Tierrätsel

Jedes Kind denkt sich ein beliebiges Tier aus. Nun muss es versuchen, den anderen Kindern zu beschreiben, wie das Tier aussieht (z.B. „Mein Tier hat einen Schnabel, Flügel und Federn“). Die anderen Kinder müssen erraten, welches Tier beschrieben wird (z.B. die Ente).

Steckbrief

Mit Hilfe der Arbeitsblätter 5 und 6 beschreiben die Kinder Tiere, deren Merkmale durch eine vorgegebene Satzstruktur zugeordnet werden können. Diese Sätze werden anschließend ins Heft geschrieben.

Anmerkungen zum Umgang mit den Arbeitsblättern

Nachdem die Aufgaben der einzelnen Stationen besprochen waren, konnten die Schüler frei die Reihenfolge der schriftlichen Arbeiten wählen. Sie waren konzentriert und mit Freude am Schreiben. Leistungsstärkere Kinder erledigten in der verbleibenden Zeit sämtliche vorgegebenen Aufgaben. Leistungsschwächere Kinder brauchten teilweise meine gezielte Unterstützung.

Kunstunterricht

Im Kunstunterricht nutze ich die Tier-Begeisterung der Schüler um Bilder des Malers Franz Marc zu zeigen und von ihm zu erzählen, dass er fast nur Tiere gemalt hat, nicht, wie sie in Wirklichkeit aussehen, sondern in leuchtenden Farben. Blaue und rote Pferde oder gelbe Kühe. Danach erhalten die Kinder farbige Kopien mit Tierbildern von Franz Marc, auf denen die Tiere weiß ausgespart geblieben sind. Die Kinder können nun die Tiere von Franz Marc mit eigenen Farben anmalen.

Musik- und Englischunterricht

Für den Musik- und Englischunterricht wird passend zum Thema „Tiere auf dem Bauernhof“ das Lied „Onkel Jörg hat einen Bauernhof“ und „Old Mac Donald has a Farm“ eingeübt.

Ausblick: Wie geht es weiter?

Geplant ist als nächstes ein Besuch auf einem Bauernhof. Die Kinder sollen die Möglichkeit bekommen, einen großen, modernen Bauernhof in Stadtnähe zu sehen. Eltern werden zu diesem Ausflug miteingeladen. Dabei soll eine Fotostory entstehen, die als Leseanlass in der Schule ausgehängt werden kann.

Anmerkungen zur Sendereihe

Die Filme sind in einer normalen, einfachen Umgangssprache gehalten und zeigen in der Folge „Mumbro & Zinell auf dem Bauernhof“ Ausschnitte aus der Alltagswelt, mit denen sich die Kinder identifizieren können. Sie sind deshalb mit Begeisterung am anschließenden Unterricht beteiligt. Ich werde sicher weitere Folgen von Mumbro & Zinell“ im Unterricht einsetzen.

Welche Vorteile hat der Film gebracht?

Mit dem Film als Einstieg wurden die Kinder auf spielerische Weise an das neue Unterrichtsthema herangeführt. Die Reflexion über einzelne Szenen des Films, die die Kinder beeindruckten, schuf Sprechanlässe und bot die Möglichkeit, an vorhandene Erfahrungen und das Wissen der Schüler anzuknüpfen. Da die meisten unserer Schüler zuhause in ihrer jeweiligen Muttersprache kommunizieren, lieferte der Film eine gute Sprachvorlage, weil die Dialoge in einfacher Umgangssprache gehalten sind. Gehörtes konnte mit Unterstützung des Visuellen leichter wiedergegeben und verstanden werden.

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Dagmar Reik-Joos