Land & Leute
Die Orkneys gehören zu den britischen Inseln und liegen am äußersten Nordosten Schottlands zwischen Atlantik und Nordsee.
[Bild Vergrößerung] Die Entfernung vom Festland beträgt etwa 10 Kilometer oder zwei Fährstunden. Von den 67 Inseln sind nur 20 bewohnt. Die Gesamtgröße der Inseln beträgt etwa 950 Quadratkilometer, die Küstenlänge rund 900 Kilometer. Die Orkneys haben etwa 19.600 Einwohner, von denen die meisten auf der größten Insel namens Mainland leben. Kirkwall selbst hat rund 8000 Bewohner. Verwaltet werden die Inseln von Schottland, 1974 erhielten die Orkneys einen eigenen Island Council (Bezirksverwaltung) mit Sitz in Kirkwall. Stärkste politische Kraft auf den Inseln ist die "Orkney & Shetland Movements (OSM)", die seit 1987 existiert und bei den schottischen Parlamentswahlen 1999 sämtliche Sitze aus Orkney und Shetland gewann.
Landschaft und Klima
Die Orkneys sind relativ flache, fast baumlose Inseln. Die höchste Erhebung ist mit 455 Metern der Ward Hill auf der Insel Hoy; gleichzeitig verfügen die Orkneys über Großbritanniens höchste Steilklippen, welche teilweise mehr als 300 Meter aus dem Meer emporragen. Das Klima ist geprägt durch den ständigen Wind und relativ geringe Niederschläge. Dennoch ist es durch die Nähe der Inseln zum Golf Strom ziemlich mild. Im Sommer wird es nur selten mehr als 15 Grad warm, dafür gibt es im Winter kaum Schnee oder Frost. Mehrmals pro Jahr gehen Stürme mit Windstärke 8 über die Inseln hinweg.
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Ein besonderes Schauspiel sind auf den Orkneys Ebbe und Flut. Je nach Standort des Betrachters kommt die Flut nämlich nicht zwei- sondern viermal täglich. Wenn auf der Atlantik-Seite der Inseln die Flut steigt, dauert es auf der Nordsee-Seite der Inseln noch bis zu drei Stunden, bis die Wassermassen sich ihren Weg um die Inseln herum bahnen und dort ankommen.
Einzigartig ist die Vogelwelt der Orkney-Inseln. In riesigen Seevogelkolonien leben dort Papageientaucher, Basstölpel, Eissturmvögel und viele andere Arten. Dazu kommt auf der kleinen Insel Papa Westray Europas größte Kolonie arktischer Seeschwalben.
Wirtschaft
Die Orkadier leben traditionell von der Landwirtschaft. Ein Orkadier, so heißt es, sei ein Bauer mit einem Boot und im Gegensatz dazu sei ein Shetländer ein Fischer mit einem Stück Acker.
[Bild Vergrößerung] Auf den Orkneys mit seinen 20.000 Bewohnern gab es im Jahr 2000 fast 70.000 Rinder und 55.000 Schafe. Historisch gesehen ging es den Orkadiern dank Ackerbau und Viehzucht oft besser als ihren fischenden Nachbarn im Norden. Sie verfügten über Nahrungsreserven, die ihnen über schlechte Zeiten wie Missernten hinweghalfen.
Der Tourismus spielt auf den Orkneys eine mäßige Rolle. Die Inseln sind vor allem für Vogelkundler, (Hobby-)Archäologen und alle historisch Interessierten wichtig. Reiseführern zufolge ist der Aufenthalt auf Orkney wesentlich teurer als ein Urlaub in Schottland.
Bereits in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden auf Mainland Uranvorkommen entdeckt. Als in den 70er Jahren im Norden Schottlands dann bei Dounreay die ersten britischen Atomreaktoren errichtet wurden, fürchteten die Orkadier, der Abbau des Urans würde begonnen und wehrten sich vehement. Der Reaktor wurde Anfang der 90er Jahre aus Kostengründen wieder abgeschaltet. Anfang der 70er Jahre wurde ein weiterer bedeutender Rohstoff entdeckt: Das Erdöl südöstlich von Orkney. Die Förderung begann und 1977, auf Orkney und Shetland wurden Terminals errichtet. Etwa 15 Prozent der britischen Ölförderung werden auf der Insel Flotta gereinigt. Die Ölförderung brachte den Inseln zwar Geld aber auch Probleme: 1993 strandete der Tanker Braer vor Shetlands südlicher Küste. Nur der starke Wellengang verhinderte, dass ein Ölteppich die heile Inselwelt verwüstete.
Kunst und Kultur
Auf Orkney befindet sich die höchste Konzentration prähistorischer Stätten in Europa.
[Bild Vergrößerung] 5500 Jahre alte Häuser, Grabkammern wie das 5000 Jahre alte Maes Howe, die berühmte Dorfanlage Skara Brae (das besterhaltene Steinzeitdorf Nordeuropas) und die größte Wikinger-Runensammlung der Welt - dies sind nur einige der unzähligen Sehenswürdigkeiten, die auf den Orkney-Inseln besonders gut erhalten sind. Noch heute ist es so, dass immer wieder per Zufall jahrtausende alte Zeugnisse der Besiedlung Orkneys gefunden werden.
Auf West-Mainland finden sich auch die gewaltigen Steinkreise, die Standing Stones of Stennes und der Ring of Brodgar. 27 der ursprünglich 60 Steine des Ring of Brodgar stehen noch; sie sind rund 5000 Jahre alt, jeder der Monolithen ist mehrere Meter hoch und genau 6 Grad vom nächsten entfernt. Die Anlage mit ihren fast 110 Metern Durchmessern diente als Kultstätte und für astronomische Beobachtungen. Seit März 2000 gehören die Steinkreise und Skara Brae zum Weltkulturerbe.
Die Vergangenheit ist auf den Orkneys auch in zahlreichen Sagen und Gespenster- geschichten allgegenwärtig, die immer wieder erzählt werden. Das Erzählen der alten Geschichten aber auch das Entstehen neuer Dichtungen, in denen Ereignisse mündlich überliefert werden, sind bis heute eine Tradition, die gut gepflegt wird. Es fängt bereits mit der Entstehung der Inseln an: Riesen sollen es gewesen sein, die übermütig mit Erdklumpen und Steinen um sich warfen. So entstanden Orkney und Shetland mitsamt ihren Erhebungen, den "hills". Viele Inseln bewahren sich bis heute ihren Riesen und natürlich gehört zu den Herrenhäusern auch immer ein Geist, der darin wohnt. (Siehe auch Anekdoten, Sagen)
Auf Künstler üben die Inseln eine besondere Anziehungskraft aus: Viele Maler, Schriftsteller und Komponisten leben und arbeiten auf Orkney. Dazu kommt der Sinn der Einheimischen für das Kunsthandwerk. Schmuckdesigner, Töpfer, Glasbläser und viele andere lassen sich vom Erbe ihrer Vorfahren inspirieren und haben mit ihren Produkten einen neuen Wirtschaftszweig begründet.
Begleittexte von Martina Frietsch
© SWR Projektgruppe Multimedia 2010