Ba' Game - die Entstehung des Spiels
Um den Ursprung des Ba' Game ranken sich zahlreiche Legenden, die (fast) alle eines gemeinsam haben: Es rollte kein Ball, sondern ein Kopf.
[Bild Vergrößerung] So sollen schon die Wikinger eine Art Ba' gespielt haben - jeweils mit dem Kopf eines Feindes. In einer weiteren Legende besiegte ein junger Orkadier den Tyrannen Tusker. Er schlug dessen Kopf ab, machte ihn am Sattel fest und brachte in nach Kirkwall. Unterwegs verletzte er sich jedoch an Tuskers vorstehenden Zähnen und starb an diesem Kratzer kurz nach seiner Ankunft in Kirkwall. Die Bewohner der Stadt waren daraufhin so wütend, dass sie den Kopf Tuskers durch die Straßen kickten. Diese Legende ähnelt stark der Geschichte von Sigurd, dem ersten Earl of Orkney, dessen Tod in der Orkneyinga Saga beschrieben ist. Auch er soll sich an den Zähnen seines Feindes verletzt haben und daran gestorben sein.
Einem altem Reim zufolge soll Ba' sogar ein Fruchtbarkeitsritus sein. Wenn die Uppies gewinnen, soll es eine gute Ernte geben. Wenn die Doonies den Ba' holen, soll der Fischfang florieren.
"Up wi' the Ba' boys,
up wi' the Ba',
An' ye'll get cheap meal,
An' tatties* an' a'."
(*potatoes=Kartoffeln, Quelle: www.orkneyjar.com)
Tatsächlich brach ausgerechnet 1846, im ersten von 29 Jahren, in denen die Doonies den Ba' gewannen, die Kartoffelfäule aus.
Die beliebteste Legende, die im allgemeinen als Ursprung des Ba' bezeichnet wird, ist die des unglücklichen Kaufmanns Jeremiah Tulloch. Der versuchte nämlich vor etwa 500 Jahren einen Streit zwischen den Mannen des Bischofs und denen des Grafen zu schlichten und verlor dabei - mehr aus Versehen - seinen Kopf. Mitten durch das mittelalterliche Kirkwall verlief damals die Steuergrenze: Die Bewohner Up-the-Gates (Uppies) mussten ihre Abgaben an den Bischof zahlen, diejenigen Down-the-Gates (Doonies) an den Grafen.
[Bild Vergrößerung] Nun war der Tod Jeremiah Tullochs beiden Parteien so peinlich, dass sie versuchten, den Kopf auf das Gebiet der jeweils anderen Partei zu bringen. Während dieses ersten aller Ba' Games soll allerdings der Kopf verschwunden sein und die Streithähne flüchteten aus der Stadt.
Einigen Theorien zufolge ist das Ba' Game sogar der Ursprung von Rugby und Fußball. Im Allgemeinen gilt aber England als Mutterland dieser Spiele, die Ursprünge lassen sich bis ins 10. Jahrhundert zurückverfolgen. Den Massenfußball soll es sogar schon zur Zeit der römischen Besetzung gegeben haben. Allerdings ist die Orkney-Stadt Kirkwall wohl der einzige Ort, an dem das Spiel in seiner recht ursprünglichen Form bis heute erhalten geblieben ist.
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Die wahren Erfinder des Fußball sind - zeitlich gesehen - aber wohl nicht die Engländer und auch nicht die Orkadier. Schon um 2000 v. Chr. spielten die Soldaten des Kaisers von China "ts'uh-küh". Es handelt sich um ein Fußballspiel auf einem Spielfeld mit einem Lederball. Später wurden auch schriftliche Regeln dazu verfasst.
Das Ba' Game in seiner heutigen Form gibt es seit 1850. Direkter Vorgänger war seit Mitte des 17. Jahrhunderts das Ba' Lea. Bei diesem Spiel allerdings wurde der Ball über das Spielfeld gekickt und nicht getragen.
Frauen-Ba'
Ba' ist traditionell ein reines Männerspiel - die Frauen werden gebraucht, die Meute anzufeuern. Dennoch versuchten die Frauen, ihr eigenes Ba' auf die Beine zu stellen. Weihnachten und Silvester 1945 gab es in Kirkwall die erste und einzige Frauen-Ba'-Saison. Wenige Minuten nach dem Einwurf um 11.30 Uhr griffen männliche Zuschauer heimlich ins Spiel ein, machten einen "smuggle" und ließen den Ball schlicht verschwinden. Ein Ersatzball wurde beschafft, das Spiel erneut begonnen und abgebrochen, als der erste Ball wieder auftauchte. Er war auf dem Friedhof versteckt worden. So begann das Spiel zum dritten Mal. An Silvester gab es ein weiteres Womens Ba' - beide Spiele wurde von Uppies gewonnen. Danach war Schluss mit dem Frauen-Ba'. Das lag aber weniger am kuriosen Spielverlauf als am Widerstand der Männer.
Boy's Ba'
Bis zum Alter von 16 Jahren spielen die männlichen Bewohner von Kirkwall beim Boy's Ba' mit. Für die Jungen wird der Ball schon um 10.30 Uhr eingeworfen. Das Spiel ist oft noch im Gange, wenn die Männer um 13 Uhr in einem anderen Teil von Kirkwall ihr Ba' beginnen.
Verbots-Versuche
Es gab bereits zahlreiche Versuche, das Ba' Game zu verbieten. Im Mai 2001 startete die Bezirks-Verwaltung der Orkneys einen derartigen Vorstoß. Als Grund dafür wurde angegeben, man fürchte Klagen verletzter Spieler. Die Bezirks-Verwaltung ist bisher für die Genehmigung des Spiels, die Straßensperrungen und die Sachschäden zuständig.
Die Saison zuvor wurden in der schottischen Hauptstadt Edinburgh Stimmen laut, die das Spiel der Orkadier verbieten wollen. Es sei brutal, unzivilisiert und gefährlich. Bekannte Ba'-Player konterten, dass sie sich einem Verbot niemals beugen würden. Wer das Ba' Game verbieten wolle, müsse erstmal den Mut haben, dies auf Kirkwalls Kathedralenplatz vor 300 Spielern und noch mehr Zuschauern öffentlich auszusprechen. Aber selbst ein Verbot würde die Bewohner Kirkwalls nicht am Ba' Game hindern, meint der zweifache Ba'-Gewinner Gary Gibson: Verhindern könne das Spiel keiner, denn schließlich benötigten die Orkadier nur einen Ball.
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