Der Wald war eine wichtige Grundlage des Wirtschaftslebens vom Mittelalter bis in die beginnende Neuzeit. Er lieferte Energie und Rohstoffe und war damit Grundlage vieler Berufe und Waldgewerbe, die wir heute kaum noch kennen. Dazu gehörten z. B. der Pottaschesieder, der Harzer, der Lohmacher, der Sauerkleesalzsieder und der Schnefler.
Die Gewerbe, die Holz und vor allem Holzkohle in großen Mengen als Energielieferant benötigten waren die Metallverhüttung und die Glasbläserei. Die Holzkohle wurde vom Köhler hergestellt.
Mit der Expansion der energieverbrauchenden Gewerbe stieg der Energiebedarf so gewaltig an, dass im 18. Jahrhundert ca. 90% des Holzeinschlages für Brennholz und Holzkohle verwendet wurden. Energie erzeugende Rohstoffe wie Steinkohle, Erdöl und Gas konnte man noch nicht nutzen.
Holz als Baumaterial war vor allem im Bergbau gefragt. Zugeliefert wurde das Holz von den Flößern. Die Flößerei bediente auch den Schiffbau. Für Schiffe und den Ausbau von Häfen wurden ganze Wälder abgeholzt: der Bau eines Kriegsschiffes mit 100 Kanonen verschlang etwa 5000 Eichen im Alter von ungefähr 150 Jahren. Die Flotten Hollands und Englands waren u.a. Abnehmer gewaltiger Holzmengen aus dem Schwarzwald.
Glasbläser
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Glasbläserei
Glashüttenbetriebe wurden vor allem dort angesiedelt, wo großflächige Waldgebiete zur Verfügung standen, denn sie verschlangen riesige Holzmengen. Der Glasmacher war nicht nur auf Holzkohle für seinen Schmelzofen angewiesen; er benötigte auch sogenannte Pottasche, das ist Buchenholzasche. Aus dieser Pottasche und Quarzsand wurde im Schmelzofen die glühend flüssige Glasmasse hergestellt. Diese Masse musste zur Verarbeitung auf 1200° C erhitzt werden. Ganze Wälder wurden für Glashütten abgeholzt. Für ein Kilogramm Glas benötigte man bis zu 2 m3 Holz. Die Glasbläserei war z. B. im Schwarzwald weit verbreitet und starb durch die eintretende Holznot nahezu völlig aus.
Holzschindeldach eines Schwarzwaldhofes
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Schneflerei
Bei der Schneflerei handelte es sich um ein sehr weit verbreitetes Gewerbe. Schnefler waren meist Bauern, die in den langen Wintermonaten genügend Zeit für eine Nebentätigkeit hatten. Durch Schnitzen und Schneiden stellten sie aus Holz - vor allem aus Tanne, Buche und Ahorn - Haushaltsgeräte wie Löffel und Schüsseln her, aber auch Spinnräder und Dachschindeln (schnefeln = schnitzen). Für das Dach eines Hofes benötigte man etwa 120.000 Holzschindeln. Der Schnefler stellte sie aus 120.000 astfreien Rollen eines Baumstammes her. Das wichtigstes Arbeitsgerät war der Schnidesel, auf dem sie saßen und das eingespannte Holz bearbeiteten. Die Schneflerei verschlang im Vergleich zu den Gewerben, die Holz zur Energieerzeugung verbrauchten vergleichsweise wenig Holz. Trotzdem trug sie auch zur Zerstörung der Wälder bei. In Bernau z. B., einer Gemeinde im Südschwarzwald, verarbeiteten 200 Schnefler jährlich ungefähr 1500 ausgewachsene Bäume.
Stillgelegtes Eisenwerk Maximilianshütte in den Chiemgauer Alpen
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Eisenwerke
Auch für die Eisenproduktion war man auf große Holzmengen angewiesen: Für die Herstellung einer Tonne Eisen benötigte man 50 m3 Holz, meist in Form von Holzkohle. Hohe Temperaturen waren nötig um das Erz zu schmelzen und weiter zu verarbeiten. Der große Holzbedarf wurde z. B. der Wirtschaft der Oberpfalz zum Verhängnis. Bereits Mitte des 16. Jahrhunderts standen die von den Eisenwerken benötigten Holzmenge nicht mehr zur Verfügung. Deshalb musste die Produktion gedrosselt werden, womit der wirtschaftliche Niedergang dieser Region eingeläutet wurde. Auch im Schwarzwald mussten die Bäume - selbst in den entlegendsten Gegenden - für die Eisenwerke am Rhein und in den Tälern fallen. Der Großteil des Holzes wurde von Flößern als Baumstämme auf den Bächen und Flüssen transportiert; aber es wurde auch Holzkohle auf den Saumpfaden zu den Erzhütten angeliefert.
Ein Köhler dichtet einen schwelenden Holzkohlenmeiler ab
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Köhlerei
Seit dem 16. Jahrhundert wurde aus Holz Holzkohle hergestellt. Das Holz wurde um einen offen gelassenen Feuerschacht kreisförmig aufgebaut, so dass ein Iglu-förmiges Gebilde entstand, der sogenannte Meiler. Zur Abdichtung kam dann eine dicke Schicht aus Reisig und Erde auf den Meiler. Er wurde dann über den Feuerschacht im Inneren angezündet, man ließ ihn - je nach Größe - 1-3 Wochen brennen. Die Holzkohle war dann fertig, wenn sich die grauen Dämpfe aus dem Inneren des Meilers in bläuliche Dämpfe wandelten. Während der gesamten Brennzeit musste der Köhler über den Meiler wachen. Er musste verhindern, dass ein offener Brand entsteht, in dem das Holz richtig verbrennt und nicht zu Kohle verschwelt. Bei der "normalen" Verbrennung von Holz entstehen Temperaturen um die 250 Grad. Entzieht man dem Holz durch das langsame Verschwelen unter sehr geringer Sauerstoff-Zufuhr sämtliches Wasser und einen Großteil des Kohlenstoffs, so bleibt energiereiche Holzkohle zurück, die Brenntemperaturen über 600 Grad liefert. Die Holzkohle wurde z. B. an Glashütten und Eisenwerke verkauft, an Gewerbe also, die zur Erzeugung ihrer Produkte auf sehr hohe Temperaturen angewiesen waren. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Holzkohle zunehmend durch Stein- und Braunkohle ersetzt.
Holzstämme zum Abstützen eines Stollens
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Bergbau
Große Waldverwüstungen entstanden in der Nähe von Bergwerken und den damit verbundenen Hammer- und Hüttenwerken. Schon im 10. Jahrhundert zog z. B. der Silberbergbau im Südschwarzwald ein, der hier im 12. - 14. Jahrhundert seine Blüte hatte. Aber auch andere Erze, wie Eisen-, Blei- und Kupfererz wurden gewonnen. Hierfür wurden Löcher oder ganze Stollen gegraben. Der Wald musste nicht nur verschwinden, um Zugang zu den Erzen zu erhalten, große Holzmengen wurden auch zum Abstützen der Gruben und Stollen benötigt. Besonders viel Holz benötigte man für das Feuersetzen. Bei diesem Vorgang entfachte man ein Holzfeuer und erwärmte damit das Gestein. Anschließend wurde der erhitzte Fels mit Wasser abgeschreckt. Dadurch wurde er porös, man konnte den Fels leichter behauen und erhielt Zugang zu den Erzen.
Holzskulptur im Nordschwarzwald, die an die lange Tradition der Flößer auf der Enz erinnert
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Flößerei
Die Flößerei entwickelte sich ab dem 13. Jahrhundert, als in stadt- und industrienahen Gebieten nicht mehr genügend Wald zur Verfügung stand. Holz wurde aus entlegenen Gegenden über Bäche und Flüsse zu den Verbrauchern gebracht. So wurde der Brennholzbedarf größerer Städte (z. B. Freiburg), aber auch der Industrie gedeckt. Im Südschwarzwald versorgten Flößer ab dem 16. Jahrhundert z. B. die Eisenwerke Eberfingen und Albbruck. Im Nordschwarzwald entwickelte sich auf den Flüssen Kinzig, Murg, Nagold und Enz ein starkes Flößereigewerbe. Bei dieser Langholzflößerei wurden lange Stangenhölzer zu Flößen gebunden. Diese wurden zu den Verbrauchern am Neckar, Mittel- und Niederrhein gebracht. Die Flöße waren bis zu 600 Meter lang. Die Flößer fuhren aufrecht stehend auf den Flößen und sorgten mit Stangen und Haken dafür, dass sich das Floß nirgends verrammte. Ein gefährliches Unterfangen bei dem nicht wenige Flößer verletzt wurden, oder gar umkamen, wenn sie beim Sturz ins Wasser zwischen Floß und Felsen eingeklemmt wurden. Nach der Einführung der Eisenbahn 1823 ging es mit der Flößerei im Laufe des 19. Jahrhunderts buchstäblich "den Bach runter".