Statistisches Bundesamt
Der Rhein ist nicht die einzige wichtige deutsche Wasserstraße, allerdings hat er die bedeutendste Rolle beim Gütertransport.
Das Netz bundesdeutscher Binnenwasserstraßen umfasst 7300 km. Zum Hauptnetz gehören der Rhein mit seinen Nebenflüssen Neckar, Main, Mosel, Saar sowie Donau, Weser und Elbe und die verbindenden Kanalsysteme. Alle diese Flüsse wurden durch Deichbauten, Staustufen und andere Maßnahmen schifffahrtsgerecht verändert. Die Elbe z. B. wurde seit dem 19. Jahrhundert ausgebaut. Sie verfügt heute nur noch über etwa 13 % ihrer ursprünglichen Überflutungsflächen und wurde in Tschechien und Deutschland um etwa 100 km verkürzt. Auch der Main wurde im Sinne der Schifffahrt stark vertieft und verkürzt.
Eine verbreitete Maßnahme zur Schiffbarmachung der Flüsse war der Einbau von Buhnen. Diese quer zur Fließrichtung angelegten „Unterwasserdämme“ verlangsamen die Fließgeschwindigkeit und engen das Flussbett ein. Dadurch steigt der Flusspegel und auch Schiffe mit größerem Tiefgang können das Fahrwasser nutzen. Dieses Prinzip wurde erfolgreich an Weser, Elbe, Rhein und Oder angewandt.
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Die Binnenschifffahrt leistet heute einen wichtigen Beitrag zum Gütertransport in der Bundesrepublik; sie erreicht fast die Transportmengen der Eisenbahnen. Ein Vergleich verdeutlicht die Größe der Transportmengen. Müsste das gesamte Transportgut der Binnenschiffe auf LKWs verladen werden, dann wären 14 Millionen LKW-Fahrten notwendig. Der Transport auf den „Wasserautobahnen“ ist kostengünstiger und als umweltfreundlicher anzusehen als derjenige auf den „Landautobahnen“, denn der Kohlendioxid-Ausstoß durch Schiffe beträgt nur ein Fünftel des Ausstoßes durch LKW.
Allerdings ist die Nutzung der Flüsse als Wasserstraßen auch nicht ökologisch unbedenklich. Das Beispiel Oberrhein zeigt, dass der Ausbau eines Flusses zur Wasserstraße starke Auswirkungen auf den Naturhaushalt hat. Die ganze Landschaft wird umgestaltet und dabei kommt es zur Zerstörung natürlicher Ökosysteme und ihrer Bewohner. Zerstört wird der Lebensraum nicht nur direkt bei den Baumaßnahmen. Der Wasserhaushalt des Gebietes verändert sich, da die Wasserstraßen in ein engeres und tieferes Bett gezwängt werden. Das Wasser fließt somit schneller ab; als Folge davon wird das ganze Gebiet trockener. Die Organismen, die an eine feuchtere Umwelt angepasst sind, verschwinden.
Es besteht also der Konflikt, dass der relativ umweltfreundlichen Schifffahrt Landschaftszerstörungen beim Flussausbau gegenüber stehen. Deshalb werden immer mehr Stimmen laut, die einen gemäßigteren Ausbau der Flüsse fordern. Heftige Diskussionen löst zum Beispiel der geplante Ausbau der Unterelbe aus. Auf der einen Seite stehen die Befürworter, die eine Anpassung des Flusses an die Erfordernisse moderner Containerschiffe wollen. Die Elbe im jetzigen Zustand ist nicht tief genug, deshalb müsste sie ausgetieft werden. Auf der anderen Seite stehen z. B. Naturschützer, die zwar prinzipiell die umweltfreundlichere Schifffahrt bevorzugen, aber mit dem Slogan „Flussgerechte Schifffahrt statt schiffgerechte Flüsse“ für einen schonenden Umgang mit den Flüssen werben.
Hindernislauf durchs Flussbett
An Flüssen wie dem Rhein wurde eine Vielzahl technischer Anlagen errichtet, um die Schifffahrt und die Energiegewinnung zu ermöglichen. Auch diese Eingriffe bleiben nicht ohne Folgen für den Lebensraum Gewässer:
Flüsse folgen dem natürlichen Gefälle der Landschaft. Zur besseren Nutzung der Flüsse für die Schifffahrt und die Energiegewinnung werden sie durch Bauwerke gestaut, wodurch sich das Fließgefälle verringert. Mit Erhöhung der Wassertiefe für die Schifffahrt ergibt sich auch die Möglichkeit zur Energiegewinnung durch ein Wasserkraftwerk - und umgekehrt. In der Regel besteht eine Staustufe aus einem Wehr mit beweglichen Verschlüssen, durch das der Wasserstand bei Niedrigwasser angehoben und bei Hochwasser wieder freigegeben werden kann. Dazu kommt die Schleuse, die der Schifffahrt die Überwindung des Höhenunterschiedes ermöglicht; die Schleusenhöhen (Fallhöhen) liegen z. B. am Main und an der Donau zwischen 5 und 10 Metern. Außerdem sind auch häufig Wasserkraftwerke mit Turbinen zur Energiegewinnung an den Staustufen zu finden.
SWR - Screenshot aus der Sendung
Ökologisch nachteilig sind diese Bauwerke aus verschiedenen Gründen. Staustufen sind unüberwindbare Hindernisse für Wanderfische. So ist das Verschwinden der Wanderfischarten aus unseren Flüssen zu erklären. Dazu zählen z. B. Aale, Störe, Nasen oder Lachse. Zwar sind viele Staustufen inzwischen mit Fischtreppen versehen, um die Wanderung flussaufwärts zu ermöglichen, aber dennoch bleibt das Problem, dass die Fische bei ihrer Rückkehr zum Meer häufig durch die Turbinen des Kraftwerks schwimmen müssen und dabei verletzt oder getötet werden.
Ein weiteres Problem ist die Erhöhung der Wassertemperatur in den stehenden, aufgestauten Gewässerbereichen. In warmem Wasser kann sich weniger Sauerstoff lösen als in kaltem. Viele Bewohner von Fließgewässern sind aber auf viel Sauerstoff angewiesen. Wird das Wasser zu warm und sinkt dadurch der Sauerstoffgehalt, so verschwinden sie; die Artenzusammensetzung verändert sich. Ein vergleichbarer Effekt tritt durch Kühlwassereinleitungen aus Kraftwerken und Industrieunternehmen ein. In warmen Sommern sind solche Bereiche echte Gefahrenzonen für Fische, denn die Sauerstoffarmut wird hier so groß, dass sie im Extremfall zum Fischsterben führen kann.
Flüsse als AKW-Standorte
An Flüssen stehen nicht nur Wasserkraftwerke. Atomkraftwerke sind ebenfalls an Flüsse gebunden. Sie wurden in den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts im Westen Deutschlands gebaut. Wegen der großen erforderlichen Kühlwassermengen entstanden sie alle an Flüssen:
am Rhein in Biblis und Mülheim-Kärlich
am Neckar in Obrigheim und Neckarwestheim
an der Weser in Grohde
am Main in Grafenrheinfeld
an der Donau in Grundremmingen
an der Isar in Ohu
an der Elbe in Stade (inzwischen abgeschaltet), Brokdorf und Brunsbüttel
Ein an ein Fluss gebundenes Atomkraftwerk weist Probleme auf
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Als problematisch erweist sich, dass das vom Kraftwerk in den Fluss zurückgegebene Kühlwasser etwa 10°C wärmer ist als bei seiner Entnahme aus dem Fluss. Deshalb erwärmt sich der Fluss. In wärmerem Wasser löst sich weniger Sauerstoff als in kälterem. Sinkt der Sauerstoffgehalt zu stark, so ist das Überleben vieler Wasserorganismen gefährdet. Der Hecht z. B. stirbt bei Wassertemperaturen ab 25°C.
Um dem entgegen zu wirken ist gesetzlich geregelt, dass Atomkraftwerke die Flüsse nur bis zu einer bestimmten Temperatur erwärmen dürfen; wird diese überschritten, dann muss die Einleitung gestoppt werden, d. h. das AKW muss zurückgefahren werden. Besonders kritische Situationen können in heißen Sommern auftreten, wenn den Kraftwerken mangels ausreichender Kühlwassermengen die Abschaltung droht. Trotzdem wird durch die Erwärmung die Artenzusammensetzung in Kraftwerksnähe grundlegend verändert. Hier leben nun andere Arten, die weniger Sauerstoff und mehr Wärme besser vertragen als die Flussbewohner nur ein paar Meter flussaufwärts.
Trinkwasser
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Flüsse dienen auch der Trinkwassergewinnung. 64 % des Trinkwassers wird in Deutschland aus Grundwasser gewonnen, 27 % aus Oberflächenwasser (hierzu zählt Fluss- und Seewasser) und 9 % aus Quellen. Diese Durchschnittszahlen weichen aufgrund der unterschiedlichen Verteilung von Wasservorkommen in den einzelnen Bundesländern aber stark ab: z. B. im Saarland, das gar kein Oberflächenwasser verwendet und über 93 % Grundwasseranteil hat. Im Gegensatz dazu werden in Baden-Württemberg nur 50,6 % des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen, 17,4 % aus Quellwasser und 32 % aus Oberflächenwasser. Bei letztgenanntem spielen Bodensee und Rhein eine wichtige Rolle. Dass der Rhein ein wichtiger Trinkwasserlieferant ist, zeigt die Tatsache, dass insgesamt 20 Mio. Menschen von ihm abhängen. In Deutschland sind das v. a. die Haushalte in Nordhrein-Westfalen, wo 60 % des Trinkwasserbedarfs durch Oberflächenwasser gedeckt werden.
Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass Grundwasser die bevorzugte Quelle für Trinkwasser ist, denn dieses ist durch natürliche Filtrierung im Boden bereits reiner als Oberflächenwasser. Allerdings darf Grundwasser per Gesetz nur in solchen Mengen entnommen werden, wie es sich auch wieder selbst erneuern kann. Es ist also nicht unbegrenzt vorhanden. Deshalb sind wir zusätzlich auf Oberflächenwasser angewiesen, das einer stärkeren Aufbereitung bedarf.
SWR
Trinkwasser - unser wichtigstes Lebensmittel - muss sehr hohe Reinheitsanforderungen erfüllen. Das war nicht immer so. Obwohl z. B. der Rhein auch schon in den 80er-Jahren Trinkwasserlieferant für Millionen von Menschen war, galt er gleichzeitig als der am stärksten verschmutzte Fluss der Bundesrepublik mit dem am stärksten besiedelten Flusstal. 20 % der westeuropäischen Industriebetriebe waren am Rhein angesiedelt und dementsprechend hoch war die Abwasserbelastung. Dazu kam noch der „giftige Höhepunkt in der Landwirtschaft“. In den 60er- und 70er-Jahren wurden große Mengen giftiger Unkraut- und Insektenvernichtungsmittel auf den Feldern ausgebracht. Diese gerieten als Sickerwasser ins Grundwasser und in die Flüsse und reicherten sich dort an. Obwohl die Wasserqualität bekanntermaßen sehr schlecht war, hatte man dies zunächst hingenommen. Erst die große Chemiekatastrophe von Sandoz im Jahr 1986 hat die Menschen wachgerüttelt.
SWR - Screenshot aus der Sendung
In Folge dieser Katastrophe erkannte man die Bedeutung des Gewässerschutzes. Es wurde eine Vielzahl von Klärwerken errichtet und die Sicherheitsnormen der Industrieanlagen wurden erhöht. Zwischen Basel und der holländischen Grenze wurden sieben Wasserkontrollstationen eingerichtet, die ständig die Wasserqualität überprüfen und im Gefahrenfall (Schiffshavarie oder Fehleinleitung chemischer Abwässer) sofort reagieren können.
Zur Früherkennung von chemischen Verunreinigungen werden verschiedene Verfahren eingesetzt. Eines davon, das sogenannte Biomonitoring, untersucht die Giftigkeit des Rheinwassers, indem Testorganismen (z. B. Algen, Wasserflöhe, Muscheln, befruchtete Fischeier) eingesetzt werden, deren Entwicklung oder Verhalten man genau beobachtet. Zusätzlich werden täglich Wasserproben auf eine Vielzahl relevanter organischer Schadstoffe mit Hilfe modernster Technik im Labor analysiert.
In unserer industrialisierten Gesellschaft haben die Menschen ein starkes Bedürfnis nach Naturerleben und Entspannung im Grünen. Gewässer spielen bei der Naherholung eine große Rolle. Sie bieten verschiedene Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten wie Baden, Angeln, Kanufahren, Radfahren auf flussparallelen Radwegen, usw.
Besonders attraktiv sind Seen oder aufgestaute Fließgewässerabschnitte. Letztere wurden in der Vergangenheit meist für die Betreibung von Wasserkraftanlagen aufgestaut bzw. im Sinne des Hochwasserschutzes. Die touristische Nutzung ist heute ein günstiger „Nebeneffekt“. Dies gilt z. B. für den südlich von Essen gelegenen Baldeneysee genauso wie für den größten Schwarzwald-See, den Schluchsee. Beide wurden Ende der 1920er- und Anfang der 1930er-Jahre gebaut. Die mächtige Schluchsee-Staumauer im Schwarzwald machte den einst kleinen Gletschersee zum größten See des Schwarzwaldes. Auch durch die Aufstauung der Ruhr zum Baldeneysee entstand ein großer See. Durchgeführt wurden beide Baumaßnahmen für die Elektrizitätsgewinnung. Inzwischen haben beide Seen große touristische Bedeutung erlangt; sie sind weit über ihre Regionen für die hervorragenden Wassersportmöglichkeiten bekannt.
Auch der Rhein wurde besonders im 20. Jahrhundert zum beliebten Badegewässer. In Basel z. B. wurden einige Rheinbäder eingerichtet, auch in anderen Städten, wie z. B. Mannheim, findet man Strandbäder. Allerdings war in den 70er- und 80er-Jahren das Baden nicht empfehlenswert und zumeist verboten, da die Einleitung großer Mengen Industrie- und Haushaltsabwässer den Fluss fast zur Kloake verkommen ließen. Der Rhein galt als das am stärksten verschmutzte Gewässer Europas. Erst durch strenge Wasserschutzverordnungen konnte die Wasserqualität stark verbessert werden, sodass der Rhein heute wieder über eine Vielzahl von Strandbädern verfügt. In Basel und an anderen Orten findet alljährlich das Rheinschwimmen statt und lockt tausende von Schwimmern ins Wasser.
Allerdings zeigen auch heute noch Meldungen in der Tagespresse, dass die Badefreude nicht immer ungetrübt sein muss. Am 31. Juli 2002 war z. B. in der Basler Zeitung ein Artikel mit der Überschrift „Flüsse laden nicht immer zum Bade“ zu lesen. Der Artikel klärte darüber auf, dass ein Teil der Abwasserreinigungsanlagen bei starken Regenfällen überlastet ist. In Folge davon werden Mischwässer (Regenwasser vermischt mit Abwasser) aus der Kanalisation direkt in den Fluss geleitet. Als weitere Verunreinigungsquelle für das Wasser kommen Abschwemmungen von landwirtschaftlich genutzten Böden hinzu. Man ist sich dieser Verunreinigungsgefahren bewusst. Laboratorien entnehmen deshalb in der Badesaison regelmäßig Wasserproben und untersuchen sie auf gesundheitlich bedenkliche Koli-Bakterien und Salmonellen. Werden diese Erreger nachgewiesen, so wird vom Tauchen bzw. vom Baden überhaupt abgeraten.