Lebensraum Hecke
Unter einer Hecke versteht man eine Ansammlung von niedrigen Bäumen, Büschen und Kräutern im meist geradliniger Anordnung, typischerweise als Abgrenzung zwischen Feldern oder zwischen Feld und Weg. Obwohl die meisten Hecken vom Menschen angelegt und als "lebende Zäune" benutzt werden, kommen Hecken auch natürlich vor. Auf Böschungen und Geländestufen kann durch Samenanflug allmählich eine Gemeinschaft aus niedrig wachsenden Kräutern, Büschen und schließlich auch kleinen Bäumen entstehen. Ohne Eingriff des Menschen allerdings würde diese Gemeinschaft in unseren Breiten recht schnell zum richtigen Wald werden, vorausgesetzt, der Boden und die Umweltfaktoren wie Temperatur etc. erlauben das Wachstum von "richtigen" Bäumen.
Hecken als Begrenzung und Windschutz zwischen Feldern
Tom Brakefield/Thinkstock
In unserer heutigen Kulturlandschaft werden die allermeisten Hecken jedoch "künstlich" erhalten, indem in regelmäßigen Abständen die größeren Pflanzen zurückgeschnitten werden. Historisch entstanden Hecken zeitgleich mit den ausgedehnten Rodungsmaßnahmen durch den Menschen. Hecken wurden vor allem gepflanzt, um als Windschutz die Erosion auf den landwirtschaftlichen Flächen zu verhindern bzw. zu verringern. Im Mittelalter und noch zu Beginn der Neuzeit, vor den großen Flurbereinigungsmaßnahmen, war die landwirtschaftliche Nutzfläche häufig in kleine Parzellen zersplittert, die Felder daher recht klein. Da Hecken als Schutz und Abgrenzung zwischen den Feldern angepflanzt wurden, gab es entsprechend viele von ihnen in unterschiedlicher Größe und Zusammensetzung. Die Flurbereinigung aber führte zum Zusammenlegen vieler kleiner Felder zu größeren, z. T. riesigen Ackerflächen. Entsprechend wurden viele Hecken überflüssig und verschwanden zunehmend aus dem Landschaftsbild. Vielerorts ging der Anteil der Hecken auf ein Drittel des ursprünglichen Bestandes oder sogar weniger zurück. Für die Heckenbewohner bedeutete das ebenfalls einen dramatischen Rückgang. Kamen früher bspw. noch 120 Rebhuhnpaare auf 100 Hektar vor, ist es heute lediglich noch ein einziges Brutpaar.
Hagebutte oder Heckenrose
E. Oppermann
Innerhalb einer Hecke finden wir ähnlich wie bei einer Wiese einen ausgeprägten Stockwerkaufbau. So gibt es am Boden eine Krautschicht, darüber eine Strauchschicht und schließlich eine Baumschicht. Aber nicht nur in der Vertikalen ist eine Hecke deutlich gegliedert, sondern auch in der Horizontalen. An den Seiten des Heckenzentrums gibt es die sogenannte Mantelregion, die in einem Saum am Boden ausläuft. All diese verschiedenen Regionen einer Hecke werden von unterschiedlichen Pflanzentypen gebildet und bieten daher entsprechend viele verschiedene Lebensräume für Tiere. Diese Vielfalt macht die Hecken ökologisch so wertvoll. Durch ihren Standort auf offenen Flächen stellen sie auch Rückzugsgebiete für Bewohner der offenen Feldflur dar. Und den Tieren, die offene Flächen meiden, können sie als "Verbindungsstraße" zwischen Gehölzen dienen.
Hartriegel ist eine häufiger Bestandteil wilder Hecken
E. Oppermann
Welche Tier- und Pflanzenarten man in einer Hecke findet, hängt von dem genauen Typus und dem Standort der Hecke ab. An Bäumen kommen in der Kernzone vor allem Arten wie Feldahorn, Hasel oder Hainbuche vor. Die niedriger wachsenden Büsche in der Mantelzone sind oft Gemeinschaften von Hartriegel, Heckenrose, Schlehe oder Weißdorn. In der Krautschicht am Saum einer Hecke sind die Arten zu finden, die auch Bestandteil des Waldrands oder der Ackerstreifen sind, also bspw. Johanniskraut oder Brennnessel. Die Tierwelt profitiert von der Temperatur- und Feuchtigkeitsregulation der Hecke. Im Inneren einer Hecke ist es im Sommer kühler und feuchter als auf dem offenen Feld, im Winter ist es wärmer als im Freien, extreme Temperaturschwankungen werden so abgemildert.
Im Schutz einer Hecke können viele Tiere ihre Brut aufziehen und die kalte Jahreszeit überstehen. Insekten verbringen ihr Larvenstadium an Stängeln und Blättern, und Vögel bauen ihre Nester im Schutz des dichten Geästs. Fuchs und Hermelin, Igel und Feldhase, Kröten und Eidechsen, sie alle finden in einer Hecke geeigneten Lebensraum. Ein Fünftel der heimischen Singvogelarten, aber auch Bussarde und Eulen können in einer Hecke leben, ebenso unzählige wirbellose Kleintiere wie Insekten und Spinnen.
Lebensraum Feld
Das landwirtschaftlich genutzte Feld scheint zunächst kein besonders gut geeigneter Lebensraum zu sein, schließlich ist jedes Weizen- oder Maisfeld im Grunde eine Monokultur, die allenfalls für die Parasiten der jeweils angebauten Pflanze ein Schlaraffenland darstellt. Doch der Schein trügt. In der Tat kann kein Feld als Lebensraum mit der Vielfalt einer Hecke oder Magerwiese konkurrieren. Aber dennoch haben es viele Tiere und Pflanzen geschafft, selbst diesen auf den ersten Blick eintönigen Lebensraum für sich in Anspruch zu nehmen. Allerdings kommt es sehr darauf an, wie intensiv das Feld bearbeitet wird und wie viel Chemie zum Einsatz kommt.
Mäuse sind in der Landwirtschaft nicht beliebt
SWR
Selbst direkt auf dem Feld oder in seiner unmittelbaren Umgebung fühlen sich einige Wildtiere zu Hause. Feldhase, Feldmaus und Feldlerche tragen sogar in ihrem Namen ihren engen Bezug zum Lebensraum Feld.
Steppenbewohner wie die Feldlerche erinnern unsere Felder an ihr ursprüngliches Habitat. Auch der Feldhamster wurde erst mit dem Einzug der Landwirtschaft in Mitteleuropa heimisch. Ursprünglich stammt er aus Steppengebieten Osteuropas und Asiens. Neben den genannten Tierarten, die eine recht enge Beziehung zum Lebensraum Feld haben, gibt es auch solche, deren Hauptlebensraum nicht das Feld selbst darstellt, die aber die Nahrungsressourcen der Felder nutzen. Dazu gehören z. B. Rehe, die frühmorgens oder in der Dämmerung auf die Felder ziehen, wo sie gerne Getreide fressen. Andere Tiere sind indirekte Nutznießer der Felder, wie der Fuchs, der dort Jagd auf Feldmäuse macht.