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Klootschießen und Boßeln - die Entstehung der Spiele

Über den Ursprung des Klootschießens und des später daraus entstandenen Boßelns sind sich die Forscher bis heute ganz nicht einig. Ob die Friesen sich mit dem Kloot (abgeleitet von "Kluten" = Erdklumpen) gegen Angreifer wehrten oder ob sie den Kloot benutzten, um Treibgut aus dem Wasser zu fischen - sicher ist jedenfalls, dass das Klootschießen seinen Ursprung in den Küstenregionen der Nordsee hat.


Bevorzugt wird aber im Allgemeinen die Variante des Kloots als Wurfgeschoss. Nachdem der praktische Zweck wegfiel, die Kugel weit und gezielt zu werfen, entwickelte sich das Spiel. Es traten Spieler von Dörfern, Kirchengemeinden und Familien im Wettbewerb gegeneinander an.

Eine Holzkugel wird durchbohrt

Etwa um das Jahr 1500 wird das Werfen mit dem Kloot in mehreren Urkunden zum ersten Mal erwähnt, die Kugeln selbst sind mit Sicherheit viel älter. Bei Ausgrabungen wurden etwa 2000 Jahre alte Kugeln gefunden, die aus gepresstem Klei bestanden und vermutlich als Wurfgeschosse gedient hatten. In den Niederlanden tauchten etwa 700 Jahre alte Klootkugeln auf, die bereits die heutige Form hatten - Holzkugeln, kreuzweise durchbohrt und mit Blei ausgegossen.


Das Spiel war der Obrigkeit bald ein Dorn im Auge, weil es einigen Ärger mit sich brachte: Es wurde um Geld, Alkohol und Wertgegenstände gewettet, übermäßiger Alkoholgenuss führte zu üblen Raufereien mit manch schwerer Verletzung. Mitte des 16. Jahrhunderts sprachen sich eben wegen des Sittenverfalls die reformierten Kirchen gegen das Klootschießen aus, während die Lutheraner sich weit toleranter zeigten. So konnte sich das Klootschießen vor allem in lutheranischen Gegenden ausbreiten.


Klootwerfer in langer, weißer Unterwäsche auf dem Absprungbrett

Es folgten mehrere Verbote von staatlicher Seite, doch die Ostfriesen ließen sich dadurch nicht beeindrucken und spielten weiter. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Klootschießen wieder erlaubt und es wurde gar der turnerische Nutzen entdeckt.


Mitte des 19. Jahrhunderts entstand dann das Boßeln. Die Kugeln waren schwerer, die Wurftechnik dagegen einfacher als beim Klootschießen und so konnte sich das Spiel zu einem wahren Volkssport entwickeln, an dem sich heute auch Kinder und Frauen beteiligen. Ein weiterer Vorteil des Boßelns ist die Tatsache, dass es zu jeder Jahreszeit betrieben werden kann, während die Klootschießer bei ihren Wettkämpfen auf gefrorenen Boden angewiesen sind. Gute Klootschießer erreichen mit ihren Würfen über hundert Meter - der Kloot würde im nicht gefrorenen Boden einfach steckenbleiben.


Wappen des Friesischen Klootschießer-Verbandes

Feste Strukturen für das Friesenspiel entstanden in Ostfriesland 1902 durch die Gründung des Friesischen Klootschießer-Verbandes (FKV), in dem sich auch die Boßeler organisierten. Klare Regeln gab es lange Zeit nicht, aber zum Klootschießen gehörten viele Sitten und Gebräuche, denen die Ostfriesen treu geblieben sind.


Im Lauf der Jahre prägten sich auch viele regionale Eigenheiten beim Klootschießen und Boßeln aus und noch heute kann es sein, dass bei Mannschaften, die gegeneinander antreten, die Reihenfolge der Werfer unterschiedlich geregelt ist.


Pokale, in denen sich ein Gesicht spiegelt

Klootschießen und Boßeln sind heute bei den Nordfriesen, den Ostfriesen, in Dithmarschen und in Oldenburg verbreitet. Die Hochburg der Boßeler und Klootschießer ist sicherlich Ostfriesland, was die Nordfriesen wiederum nicht so gerne hören. Höhepunkt der Wettkämpfe ist jedes Jahr der Feldkampf Ostfriesland - Oldenburg.


In den 30er Jahren entstanden Kontakte zu Klootschießern in den Niederlanden, später auch nach Italien und nach Irland in die Grafschaft Cork. Der erste offizielle internationale Wettkampf wurde 1969 ausgetragen und bei dieser Gelegenheit auch gleich die International Bowl-Playing Association (IBA) gegründet. Die damals festgelegten Wettkampfregeln für das Werfen nach friesischer, holländischer und irischer Art gelten bei den Europameisterschaften noch heute.


Über Jahrhunderte waren Klootschießen und Boßeln nur den Männern vorbehalten. Die traditionsbewussten Boßeler lehnten die Zulassung von Frauen in ihren Verbänden strikt ab, woraufhin in den 50er und 60er Jahren etliche hartnäckige Ostfriesinnen eigene Gruppen gründeten. Das Frauen-Boßeln breitete sich schlagartig aus und inzwischen sind die Frauen längst in den Vereinen und Verbänden fest integriert.


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