Land & Leute
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15 000 Einwohner leben im Tal der Emme. Auch wenn "hier noch jeder einen Schuh in der Stalltüre hat", so arbeiten doch immer weniger Emmentaler in der Land- und Forstwirtschaft. Der Strukturwandel hat die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe voll erfasst und das Emmental hat, genau wie die übrige Schweiz, mit wirtschaftlichen Problemen und Arbeitslosigkeit zu kämpfen.
Das ist allerdings keine neue Entwicklung. Die einfache Landbevölkerung hatte schon immer um ihr Auskommen zu kämpfen, die Armut war seit dem 16. Jahrhundert ein Dauerproblem. Das Emmental gilt als traditionelles Auswanderungsgebiet und seit Jahrhunderten verlassen viele junge Leute das Tal, um anderswo ihr Glück zu versuchen. Die, die bleiben, müssen immer wieder nach neuen Wegen suchen, um ihre Existenz zu sichern.
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Traditionell lebt die Region vor allem von der milchwirtschaftlich orientierten Landwirtschaft. In kleinen und größeren Käsereien wird die Milch zu Emmentaler verarbeitet, zu einem Käse, der nicht nur in schweizer und deutschen Supermarktregalen liegt, sondern auch nach Amerika exportiert wird.
Früher war die Käserei eine Quelle steten Wohlstands, zumindestens für die sogenannten Käsebarone. Einige prächtige, alte Gehöfte aus dieser Zeit zeigen, dass es manchen damals sehr gut ging.
Heute hat nicht nur die Milchindustrie Probleme, die ganze Landwirtschaft kämpft mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Emmentaler können und wollen das Bild vom heilen Emmental nicht immer so recht bestätigen. Mut zu raschen Neuerungen gilt nicht unbedingt als Schweizer Tugend, aber es bewegt sich doch einiges. Selbst im Emmental sind neue Ideen keine Bedrohung mehr. Bisher Unbekanntes lässt sich durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen, den Traditionen und dem Alten verbinden.
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"Alles verändert sich, man muss Neues ausprobieren", meint ein Landwirt, der mutig mit einer Lamaherde auf der Alm experimentiert. "Es ist ein Versuch, nicht das Allheilmittel", sagt er. Er züchtet die Tiere und bietet Lama-Trekkingtouren für die Touristen an.
Der Landwirt wirbt für seine neuartigen Tourismusideen auch im Internet. Auch der Almbauer, der zusammen mit seiner Frau Biokäse produziert, sucht nach neuen Wegen und versucht sich mit seinen ökologischen Produkten ein zweites Standbein zu schaffen.
Es gibt im Emmental, mitten im scheinbaren Bauernland, auch einiges an Industrie. Hochspezialisierte Firmen, wie die Moser-Bär AG zum Beispiel. Sie fabriziert unter anderem die Schweizer Bahnhofsuhr und liefert ihre "Systeme für die öffentliche Zeitanzeige" nach Frankreich, Deutschland oder Hongkong.
[Bild Vergrößerung] Emmentaler Produkte reichen vom Schraubenzieher über biologisch abbaubare CD-Hüllen aus Chinaschilf hin zu weltweit renommierten Blasinstrumenten.
Die Emmentaler leben natürlich auch vom Tourismus. Wandern, Radfahren, Ferien auf dem Bauernhof, Besuche in der Käserei und Wintersport sind die Attraktionen. Geworben wird mit den Naturschönheiten der Region, mit Traditionen und alten Bräuchen. Und mit den Vorstellungen und Sehensüchten, die viele mit der Bergwelt verbinden.
"Das Wort 'Emmental' lässt viele Schweizer aufseufzen. Es löst eine Sehensucht aus, die manchmal nicht einmal sentimental ist. 'Emmental' ist ein Mythos. Das 'Emmental' ist gesund, es tut den Nerven gut, es beruhigt. Sogar, wenn man nur daran denkt (...) Hier sucht man das Handfeste, das die Welt wieder heil macht... Das Emmental ist ein schweizer Traumland"
(Ernst Eggimann, Tagesanzeiger, 7.11.97)
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