Eine Einführung mit Hintergrundinformationen für darauf aufbauende Verwendung im Unterricht von Roy Nyaaba, einem Schwarzen Lehrer.
Die Einführung nimmt didaktischen Bezug auf die Animationsreihe „Die Farbe meiner Haut“.
Warnung: Diese Handreichung behandelt sensible Sprache im Bereich Rassismus sowie anderen Arten der Diskriminierung. Trotz großer Sorgfalt kann es für Betroffene an einzelnen Stellen zu Erinnerungen an traumatische Erlebnisse kommen.
Teil II – Hintergrundinformationen
Ziel dieses Absatzes ist es, die zentralen Begriffe aufeinander abzustimmen – weitere wichtige Begriffe sind im Glossar zusammengefasst. Jeder Begriff hat, je nach Quelle und individueller Einschätzung, möglicherweise abweichende Definitionen. Im Folgenden soll versucht werden, sie auf eine solche Art miteinander zu verbinden, dass man sinnvoll über das Thema sprechen und diskutieren kann.
a) (Alltags-)Rassismus bzw. systemischer/struktureller Rassismus
(Alltags-)Rassismus bzw. systemischer/struktureller Rassismus beschreibt die gesellschaftliche Normalisierung und Akzeptanz jener Verhaltensweisen, Aussagen etc., die eine Gruppe von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion oder ähnlicher größtenteils unveränderlicher Merkmale zu Unrecht kategorisieren, beispielsweise hinsichtlich ihrer Intelligenz, Charakter oder ihrer Leistungsfähigkeit oder –bereitschaft, Sprachkenntnisse usw.
Er heißt deshalb systemisch bzw. strukturell, weil das beschriebene Verhalten in der Gesellschaft als normal angesehen wird, der Rassismus also weniger in den einzelnen Personen als in der Struktur der Gesellschaft liegt.
Celine wird von den Nachbarskindern angegriffen und niemand greift ein
SWR – Screenshot aus der Sendung
Beispiele in „Die Farbe meiner Haut“
„Die Farbe meiner Haut – Ami“ TC 2:05
Der Polizist, der Ami kontrolliert weiß, dass er sich dieses übergriffige Verhalten in der Öffentlichkeit in diesem System erlauben kann.
„Die Farbe meiner Haut – Celine“ TC 2:05
Celine wird von den Nachbarskindern rassistisch angegriffen Die Eltern tun nichts, um das rassistische Verhalten ihrer Kinder zu stoppen.
Der strukturelle Rassismus führt auch dazu, dass Betroffene oft keine Hilfe bekommen.
Shazmeen wird auf dem Spielplatz diskriminiert.
SWR – Screenshot aus der Sendung
„Die Farbe meiner Haut – Ami“ TC 3:25
Der Lehrer spielt seine Macht aus und sagt zu Ami: „Wer wird dir glauben?“
„Die Farbe meiner Haut – Jack“ TC 2:10
Die Schule verweigert Jack die Unterstützung und wehrt sich gegen seine Vorwürfe, statt den Rassismus zu stoppen.
Auch in der Erziehung wird struktureller Rassismus weitergegeben
„Die Farbe meiner Haut – Shazmeen“ TC 01:08 – 1:18
Die Nachbarskinder wollen nicht mit Shazmeen spielen, weil sie den Rassismus ihrer Eltern übernehmen.
Es gibt ganz offensichtliche, klare Fälle von Rassismus, wie im Fall von Jack und Tyrek in „Die Farbe meiner Haut“. Jack wird auf einer Party mit dem N-Wort beschimpft und rausgeschmissen. Tyrek wird im Internet in einem Chat rassistisch beschimpft und gemobbt.
„Die Farbe meiner Haut – Jack“ TC 3:03
„Die Farbe meiner Haut – Tyrek“ TC 2:25
Nicht alle Formen von Rassismus sind für nicht Betroffene so eindeutig zu erkennen. Es gibt es auch Grenzbereiche, die eine gewisse Sensibilität brauchen. Dazu gehören etwa Bemerkungen über die Haare von Schwarzen, die guten Sprachkenntnisse von (teils in Deutschland aufgewachsen) Asiat*innen, kulturelle Aneignung (Glossar) etc. Es soll explizit an Teil I, Punkt 2b erinnert werden: viele Dinge, die von Betroffenen als verletzend wahrgenommen werden, sind der Mehrheit gar nicht bewusst – hier geht es nicht um Moralisierung, sondern es um Information, denn auch wenn Rassismus leider für Weiße oft kein sehr wichtiges Thema ist, bestimmt er für viele Betroffene das gesamte Leben.
„Die Farbe meiner Haut – Celine“ TC 3:44
Die Polizei ermittelt nicht gegen die rassistischen Täter, die Celine bedrohen.
b) Rassistisches Verhalten und Diskurs
Wichtig ist hier, dass Verhalten auch dann rassistisch sein kann, wenn die Person ihre Äußerung oder Handlung nicht rassistisch, abwertend oder verletzend gemeint hat. Der bekannte Konflikt zwischen „wie es gemeint war“ und „wie es ankam“ kann hier nicht sinnvoll endgültig beantwortet werden – es scheinen beide Seiten relevant zu sein. Deshalb ist auch der Diskurs wichtiger als „die richtige Meinung“.
Wenn zum Beispiel ein Weißer einem Schwarzen durch die Haare fährt (Jack TC 0:45) oder eine Mitschülerin fragt, ob sie das dürfe (Tapiwa TC 2:35), dann mag der Grund ein positives Interesse sein. Solche Handlungen werden aber bei den meisten Schwarzen so ankommen, dass sie mal wieder (denn das passiert sehr häufig) von Weißen (denn andere tun das nicht) angefasst werden, aufgrund ihrer nicht veränderbaren äußeren Merkmale. Ebenso wird das Langziehen der Augen, um scheinbar chinesisch auszusehen, von Asiat*innen oft als diskriminierend empfunden, auch wenn es angeblich im Spiel geschieht. (Celine TC 1:00).
Die Betroffenen, die solche Übergriffigkeiten erleben, sind in diesen Momenten keine Mitschüler*innen, Kolleg*innen, Nachbarn, Freund*innen – sondern sie sind andere!
c) Gruppen und Perspektiven
Menschen sind nicht gleich Rassisten, wenn ihnen Aussagen unbewusst und trotz des prinzipiellen Wunsches, niemandem zu verletzen, passieren. Jeder Mensch gehört verschiedenen Gruppen an (z.B. Deutsche, Männer, Nichtreligiöse) und anderen Gruppen (z.B. Weiße, Frauen, LGBTQ-Community (Glossar) nicht. Es ist sinnvoll, sich auch über Gruppen von Menschen und mögliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede austauschen zu können. Wenn aber etwas als verletzend wahrgenommen wird, darf man sich als nicht betroffene Person über die Aussagen der Betroffenen hinwegsetzen. Wenn eine Aussage oder Handlung als verletzend wahrgenommen wird von Betroffenen, dann gilt es diese Haltung zu akzeptieren. Auch die„Bundeszentrale für politische Bildung“ und „Amnesty International“ haben festgehalten, dass die Perspektive der Betroffenen relevanter ist als die der nicht Betroffenen.
Dieses Akronym steht für „Black, Indigenous & People of Color“. Damit sind alle nichtweißen Personen gemeint, beziehungsweise all jene Menschen, die aufgrund ihrer vermuteten ethnischen Zugehörigkeit Erfahrung mit Rassismus gemacht haben. Da das eben nicht nur Schwarze und Asiaten, sondern ganz verschiedene Gruppen sind, soll dieser Begriff alle einschließen. Ich selbst werde mich hier hauptsächlich auf Rassismus gegen Schwarze beziehen, weil ich nur diese Erfahrung selbst gemacht habe. Der Gedanke lässt sich aber auf jede Gruppe in einer ähnlichen Position übertragen und während hier der Fokus auf rassistischem Verhalten zwischen Menschen im Alltag liegt, könnte man in weiteren Schritten über die Repräsentation von BIPOC in Medien, Gesellschaft und Wirtschaft sprechen.
Shazmeen wird von einem Klassenkameraden rassistisch beleidigt
SWR – Screenshot aus der Sendung
e) Schwarze und Weiße Menschen
Zum Begriff „Schwarze“: ja, dieser Begriff ist politisch korrekt. Das liegt daran, dass die Betroffenen sich diesen Namen selbst gegeben haben. „Schwarz“ wird immer großgeschrieben – egal ob man von Schwarzen oder Schwarzen Menschen spricht und auch dann, wenn man feststellt, dass jemand Schwarz ist. Das ist deshalb so festgelegt, damit verdeutlicht wird, dass es sich dabei nicht um eine Beschreibung handelt (kein Mensch ist wirklich im eigentlichen Sinne schwarz), sondern um eine konstruierte Zuschreibung. Das bedeutet, dass Schwarz-Sein sich auf eine gemeinsame Rassismuserfahrung bezieht, die auf die Farbe der Haut zurückzuführen ist und nicht auf die Hautfarbe selbst. Aus demselben Grund ist der Begriff der „Dunkelhäutigen“ ungeeignet, da es auch Schwarze gibt, deren Haut farblich heller ist als die mancher Weißer Menschen, etwa Zoe Kravitz. Ebenso verletzend ist es, das Schwarzsein anzuzweifeln („So dunkel bist du ja gar nicht“), weil Schwarze Menschen besagte Rassismuserfahrungen gemacht haben. Durchaus kann die Stärke der Repressalien von der Dunkelheit der Haut abhängig sein – mehr dazu im Glossar unter „Colorism“. (Glossar) Der Begriff Weiße bezeichnet entsprechend ebenso keine Farbe, sondern die Menschen, die meist nicht benannt werden, da sie auf der anderen Seite des Machtgefälles stehen, das durch Rassismus entsteht. Es sind die Menschen, die nicht unter dem System Rassismus leiden, sondern von den damit verbundenen Privilegien profitieren. „Weiß“ wird im Diskurs teils kleingeschrieben, um die Unmarkiertheit dieser Gruppe zu verdeutlichen, teils groß, um wie oben die sozial konstruierte Bedeutung zu betonen. In diesem Zusammenhang lässt sich das Problem erläutern, dass Weiße oft nicht gern als Weiße bezeichnet werden. Das liegt möglicherweise daran, dass sie sich selbst nur als Individuen sehen, nicht als Teil einer Gruppe. Das ist deshalb problematisch, weil sie aber ja aber Schwarze, Muslime oder Asiaten häufig als Gruppen wahrnehmen. Das Problem ist das Weiße Selbstverständnis, dass man selbst als „normal“ gilt und alles andere als davon abweichend. Ebenso wie Schwarze lassen sich in diesem Zusammenhang aber auch Weiße als eine Gruppe definieren.
Beispiele in „Die Farbe meiner Haut“
„Die Farbe meiner Haut – Shazmeen TC 2:05 – 2:20)
Ein Mitschüler wirft Shaazmeen vor, an den Terroranschlägen von 9/11 mitschuldig zu sein, aufgrund ihrer Religion.
Nicht dazugehören ist für alle Menschen eine schlimme, oft traumatisierende, Erfahrung
SWR – Screenshot aus der Sendung
f) Othern
Zu Deutsch etwa „als anders kennzeichnen, brandmarken“ Dies bezeichnet beispielhaft ein sehr typisches Verhalten von Weißen gegenüber BIPoC.
Dazu zählt alles, was man andere Weiße nicht fragen würde, weil diese eben nicht anders sind, zum Beispiel unpassende Kommentare über die Haare, die Sprache und ähnliches. Der Rassismus, auch wenn er nicht böse gemeint ist, liegt darin, dass Betroffene niemals wirklich dazugehören oder anerkannt werden, weil sie immer anders behandelt werden, selbst dann, wenn sie versuchen, sich anzupassen.
„Die Farbe meiner Haut – Shazmeen TC 3:00 – 3:10
Shazmeen versucht jahrelang so auszusehen und sich zu verhalten wie ihre Mitschüler*innen. „Aber das hilft mir nicht!“, stellt sie fest.
„Die Farbe meiner Haut – Jack“ TC 0:40
Jack erfährt seit Beginn der Schulzeit, dass die Mitschüler*innen ihn wegen seiner Hautfarbe anders behandeln. Er ist ein Außenseiter und die anderen verhalten sich ihm gegenüber diskriminierend und übergriffig.
Für die Betroffenen kann eine solche Behandlung über die Jahrzehnte hinweg eine sehr verletzende Normalität sein.
Manchmal wird in der öffentlichen Debatte unterstellt, dass Schwarze Weiße dadurch ausgrenzten, dass sie sie als Weiße bezeichneten, wogegen man als Weiße oder Weißer selbst ja alle Menschen als Gleiche sehen würde.
Diese Sichtweise erfasst das Problem nicht.
Das Argument ist fadenscheinig, weil das rassistische System von Weißen installiert wurde und immer noch spürbare Folgen hat.
So werden Schwarze aufgrund unveränderbarer Eigenschaften häufiger kritisch beäugt, wenn sie einen Laden betreten oder die Handtasche wird eher vor dem Schwarzen in Sicherheit gebracht. Weiße machen diese Erfahrungen nicht, jedenfalls nicht aufgrund ihrer Hautfarbe.
Des Weiteren spricht diese Argumentation Schwarzen ihre Erfahrungen ab, die sie mit Rassismus gemacht haben. Die Erfahrungen sind real, Rassismus ist real, daher kann man sich nicht hinter der angeblichen Gleichheit der Menschen verstecken und diese gegen die Minderheiten verwenden.
g) Positiver Rassismus
Auch sogenannter positiver Rassismus ist ein Problem. Es sei wiederholt, dass niemandem eine böse Absicht unterstellt wird, der Schwarzen aufgrund ihrer Hautfarbe etwas Positives, wie zum Beispiel gutes Rhythmusgefühl oder etwas ähnliches zuschreibt. Das mag freundlich gemeint sein. Jedoch wird erstens die betreffende Person erneut auf ihre Hautfarbe reduziert, wenn auch im scheinbar Guten. Zweitens, und das ist schlimmer, kann es sehr gut sein, dass die betreffende Person das Merkmal gar nicht hat. Was, wenn die Person gar nicht tanzen kann, aber immer und immer wieder damit konfrontiert wird, dass es von ihr erwartet wird? Für das Selbstwertgefühl ist das nicht gerade zuträglich.
Das vermutlich verbreiteste Beispiel ist aber wahrscheinlich die Frage, woher man komme. Je nach Situation kann diese Frage passend sein, oft aber ist sie übergriffig, besonders wenn sie zu früh an eine nicht befreundete Person gerichtet wird. Auch wenn aus ehrlichem Interesse nach der Herkunft gefragt wird, kann diese Frage zu zwei negativen Folgen führen. Erstens wird man als anders, ergo „nicht einer von uns“ gebrandmarkt. Zweitens ist es sehr verletzend, wenn die Antwort nicht akzeptiert wird. Die Antwort man komme aus dieser oder jener Stadt wird oft weiter hinterfragt. Es wird unterstellt, dass man doch bestimmt aus einem anderen Land komme.
Betroffene fragen sich in solchen Situationen: „Was verpflichtet mich, dir etwas über die Herkunft meiner Eltern zu erzählen? Würdest du das einen Weißen Stefan auch fragen?“
h) White Privilege
„White Privilege“ bedeutet, dass man als Weißer gegenüber BIPoC Vorteile hat. Das ist ein Fakt. Global gesehen und auch in Deutschland haben Weiße es leichter als Schwarze. Dafür kann man als Weißer heute nichts, das ist ja historisch bedingt. Es ist aber eine Tatsache. Nur wenn man das anerkennt, kann man mittel- bis langfristig versuchen, diese Strukturen zu überwinden.
Tapiwa wehrt sich gegen die Zumutungen, die sie täglich erfahren muss
SWR – Screenshot aus der Sendung
„Die Farbe meiner Haut – Ami TC 0:50
Ami wird in der Schule von einem Kind gebissen, das nicht dafür bestraft wird. Sie lernt daraus, dass die Gesellschaft ihre Verletzungen nicht ernst nimmt.
Das Problem ist, dass Weiße ihr Privileg so gewöhnt sind, dass sie es nicht wahrnehmen. Wehren sich durch Rassismus Betroffene plötzlich gegen langjährige Diskriminierungen reagieren Weiße Menschen manchmal überrascht, geschockt oder wütend.
„Die Farbe meiner Haut – Tapiwa TC 3:55
Tapiwa wehrt sich, dass Menschen ihr in die Haare fassen und wird laut:
„Seit Jahren fassen Menschen ohne Erlaubnis meine Haare an. Würde euch das gefallen?
Ami stürzt ins Bodenlose – die Belastungen sind zu groß
SWR – Screenshot aus der Sendung
Es ist ein strukturelles Problem, dass sich Weiße mit diesem Thema nicht auseinandersetzen müssen, sondern die Wahl haben, es freiwillig zu tun. Schwarze haben diese Wahl nicht. Schwarze Menschen müssen damit leben, dass „Berlin“ als Antwort auf die Frage nach der Herkunft nicht akzeptiert wird, und müssen Zeit und Energie darauf verschwenden, ihre Antwort immer wieder zu erklären. Sie werden oft abgelehnt bei der Wohnungssuche und beruflichen Bewerbungen, werden häufiger von der Polizei kontrolliert (Ami 1:10 – 2:05) bekommen in der Schule oft weniger Förderung (Shazmeen 4:15 – 4:30) und treffen generell oft auf Widerstände und Ablehnung, was eine konstante psychische Belastung darstellt.
Beispiele in „Die Farbe meiner Haut“
Ami TC 4:30
Ami erkrankt psychisch durch die konstanten Diskriminierungen und Verletzungen, die sie erleidet.
Celine TC 2:45
Celine wird von den Nachbarskindern rassistisch beschimpft und bedroht.
„Ich bin immer in Alarmbereitschaft…“
Jack ist geschockt über den offenen Rassismus, den er erlebt
SWR – Screenshot aus der Sendung
Jack TC 1:05
Jack wird durch die rassistischen Erfahrungen, die er an der Schule macht, misstrauisch und kann sich nicht mehr leicht auf andere Menschen einlassen.
Jack TC 3:25-5:00
Im Lauf der Zeit verschlimmert sich Jacks Situation durch den rassistischen Druck, dem er ausgesetzt ist. Jack bekommt Depressionen und Angstzustände. Seine Erfahrungen bei der Party, bei der rassistisch beschimpft wurde, schildert er so:
„Einer hat versucht mich anzuspucken, mir wurde eine Dose an den Kopf geworfen, Leute haben mich mit dem N-Wort beschimpft. Und ich habe versucht mir nichts daraus zu machen. Natürlich ist dir so etwas nicht egal und natürlich hat das Auswirkungen auf dich.“
White Privilege bedeutet nicht, dass man es als Weiße Person leicht hat. Es bedeutet nur, dass wenn einem etwas Schlechtes passiert, dann nicht aufgrund der Hautfarbe.
i) Kritisches Weißsein
Dieser Begriff steht am Ende der Liste, weil er den Schlüssel zur Überwindung des Rassismus in sich trägt. „Critical Whiteness Studies“ ist eine Forschungsrichtung, die untersucht, wie Weiß sein, die Identität und den Status von Menschen und damit auch die Gesellschaft prägt. Es gibt Möglichkeiten sich mit diesem Privileg kritisch auseinanderzusetzen, antirassistisches Verhalten kann geübt werden. In dem Buch „Exit Racism“ skizziert die Autorin Tupoga Ogette Strategien dafür. (Literaturliste) Der Grundgedanke lässt sich folgendermaßen vereinfachen. In Anlehnung an die fünf Stufen der Trauer wurden in „Exit Racism“ die fünf Stufen des kritischen Weißseins so formuliert: Leugnung (das ist doch Quatsch) Verhandlung (naja so groß sind meine Vorteile eigentlich nicht) Scham (ich fühle mich schlecht, weil ich als Weißer unabsichtlich diese Vorteile habe) Akzeptanz (ja, ich habe nun mal durch meine Hautfarbe Vorteile) Überwindung (ich versuche, diesen Vorteilen für mich bzw. Nachteilen für andere entgegenzuwirken).
Diese Schritte scheinen typisch zu sein; wer die eigenen Vorteile nicht erst anerkennt, kann sie nicht zu überwinden versuchen.
Es reicht nicht aus nicht rassistisch zu sein. Das hat mehrere Gründe.
Man kann selbst gar nicht entscheiden, ob das eigene Verhalten rassistisch ist, sondern das müssen immer Betroffene entscheiden.
Wenn andere sagen, dass man sich rassistisch verhält, sollte man zuhören, in den Dialog über Absicht und Rezeption treten und versuchen, dieses Verhalten abzustellen, anstatt es mit verharmlosenden oder pseudo-rationalen Ausreden zu relativieren.
„Die Farbe meiner Haut – Celine“ TC 1:25
Die Kinder machen rassistische Witze über Celine. Sie fühlt anfangs gezwungen mitzulachen, denn nicht einmal ihre Lehrer greifen ein.
Als Celine sich schließlich wehrt, heißt es, es habe sich doch nur um einen Witz gehandelt.
Celines Freundin solidarisiert sich mit Celine und steht offen zu ihr
SWR – Screenshot aus der Sendung
Die jeweils diskriminierte Minderheit braucht sogenannte Allys. Das sind Personen, die zwar nicht betroffen sind, sich aber dennoch für die Rechte der Gruppe einsetzt. Als Mann reicht es nicht, selbst nicht misogyn zu sein, sondern man soll sich, wo man ihr begegnet, gegen Misogynie einsetzen. Das gleiche ist der Fall bei Homophobie, Transphobie, Ableismus und allen anderen unterrepräsentierten Menschen. Das ist deshalb wichtig, weil die Gleichheit von der dominierenden Gruppe anerkannt werden muss und daher bedarf es ihrer Mithilfe. Ein Beklagen der Ungerechtigkeit durch die Betroffenen allein wird durch Menschen, die kein echtes Interesse an Gerechtigkeit und Gleichheit haben, immer als übertrieben angesehen werden. Es wird argumentiert, es seien ja schließlich schon alle Menschen gleichgestellt oder als heterosexuelle Cis-Person (Glossar) werde man bei all der LGBTQ - „Hysterie“ bereits unterdrückt. Das Gefühl, unterdrückt zu werden, kann man den Menschen nicht absprechen. Aber es kommt eben daher, dass diese Menschen bisher frei alles sagen konnten, während dominierte Gruppen und ihre Bedürfnisse nicht wahrgenommen wurden. Jetzt beginnen diese bisher diskriminierten Gruppen sich zu wehren. Deshalb müssen diejenigen, die den Gruppen nicht angehören, ihr Verhalten überdenken – zumindest dann, wenn sie weiter von sich behaupten wollen, nicht sexistisch und rassistisch zu sein.
Shazmeen findet in der Schule kein Gehör – der Rassismus gegen sie wird geduldet
SWR – Screenshot aus der Sendung
Wenn hier von Rassismus die Rede ist, dann ist systemischer Rassismus (Kapitel 3) gemeint. Selbstverständlich können Weiße von Schwarzen aufgrund ihrer Hautfarbe beleidigt und ausgegrenzt werden. Selbstverständlich kann ein Mann von Frauen gemobbt werden. Beides ist aber nicht im Kern unserer Gesellschaftsordnung verankert. Männer werden nicht mit dem Schimpfwort ihres Geschlechtsorgans bezeichnet, wenn ihr Verhalten den Frauen nicht passt. Weiße werden nicht von älteren Menschen als bedrohlich wahrgenommen. Wenn Weiße Jugendliche von Asiat*innen beleidigt werden, haben sie – anders als ihre aus Asien stammenden Mitschüler*innen – eine Weiße Mehrheitsgesellschaft, die ihnen hilft; andersherum haben die asiatischen Mitschüler*innen das nicht. als heterosexuelle Cis-Person (Glossar)
„Die Farbe meiner Haut – Celine“ TC 1:20
„…die Lehrer taten nichts.“
„Die Farbe meiner Haut – Shazmeen“ TC 2:30 – 2:40
„Wenn ich Lehrer darauf angesprochen habe, haben sie nicht reagiert und auch nichts unternommen.“
Hier lassen sich Antirassismus und (intersektionaler) Feminismus gut vergleichen. Beides will die Gleichheit bzw. Gleichberechtigung aller; beides stößt auf Gegenwind derer, die von den aktuellen Machtstrukturen profitieren und diese deshalb aufrechterhalten wollen; beides hat vermutlich ideell viele Unterstützer*innen, die aber in der Umsetzung hilflos sind, da sie selbst sonst Probleme bekämen. Beides bringt Betroffene dazu, den eigenen Selbstwert zu relativieren, um nicht in der Gesellschaft anzuecken, beide betroffenen Gruppen werden oft selbst für die erlittenen Ungerechtigkeiten verantwortlich gemacht,
„Die Farbe meiner Haut – Jack“ TC 3:00 – 3:20
Jack wird von der Party seines Freundes von Rassisten angegriffen.
Sein Freund sagt: „Ich weiß nicht, was ich tun soll“ und hilft Jack nicht.
Bald darauf erkrankt Jack durch diese Erlebnisse, wird depressiv und beginnt sich selbst schlecht zu behandeln.
„Die Farbe meiner Haut – Tyrek“ TC 3:00
Tyrek wird im Netz von einem Mitschüler rassistisch beschimpft. Die Schulleitung unterstützt Tyrek nicht gegen den Rassisten, sondern fragt, ob Tyrek den Täter provoziert habe. Der Täter wird nur geringfügig bestraft.