4: Transplantation und Autoimmunerkrankungen

4.1 Unerwünschte Abwehr

Ein erwachsener Mensch besteht aus etwa 100.000 Millionen Zellen. Die Aufgaben des Immunsystems bestehen darin, diese Zellen vor äußeren und inneren Feinden zu beschützen:


  • Es soll von außen eindringende Krankheitserreger und Fremdstoffe unschädlich machen.
  • Es soll eigene Zellen beseitigen, die krankhaft verändert oder unbrauchbar geworden sind.

In beiden Fällen kommt es auch zu unerwünschten Abwehrreaktionen: bei Organtransplantationen gegen fremdes Gewebe, bei Autoimmunkrankheiten gegen eigenes Gewebe.


Organtransplantation

Lebertransplantation ©SWR
Lebertransplantation

Normalerweise werden Organe eines fremden Spenders vom Immunsystem des Empfängers mit den gleichen Waffen bekämpft wie Krankheitserreger. Das übertragene Organ wird abgestoßen. Der entscheidende Durchbruch in der Transplantationsmedizin kam erst, als es gelang, das Immunsystem des Empfängers zu "überlisten". Durch die Auswahl geeigneter Spenderorgane und mithilfe von Medikamenten lässt sich die Abstoßungsreaktion weitgehend unterdrücken. Das Immunsystem toleriert das fremde Organ, fast so, als würde es zum eigenen Körper gehören. Viele Menschen können deshalb mit einer gespendeten Niere oder einem gespendeten Herzen über Jahre ein annähernd normales Leben führen. Allerdings müssen die Patienten zeitlebens Medikamente einnehmen, die das Immunsystem in Schach halten (Immunsuppressiva) und sind deshalb anfälliger für Infektionen.



Rheumatoide Arthritis ©SWR
Rheumatoide Arthritis

Autoimmunkrankheiten

Das Immunsystem verfügt über sehr effektive Waffen, mit denen es virusinfizierte Zellen oder Krebszellen beseitigen kann. Doch diese Abwehrmaßnahmen können sich auch gegen eigenes, gesundes Gewebe richten, wenn es fälschlicherweise als "fremd" eingestuft wird. Grundsätzlich können alle Organe und Gewebe von Autoimmunreaktionen betroffen sein.


  • Bei der multiplen Sklerose werden Zellen des Gehirns angegriffen,
  • bei der rheumatoiden Arthritis Knorpel- und Knochensubstanz,
  • beim Typ-I-Diabetes (Zuckerkrankheit) insulinproduzierende Zellen der Bauchspeicheldrüse.

Die Immunreaktionen gegen implantierte und eigene Organe ähneln sich sehr stark. Der wesentliche Unterschied besteht in den Angriffszielen von Antikörpern und T-Zellen. Bei der Transplantation richten sie sich gegen fremde Antigene, bei Autoimmunkrankheiten gegen eigene Antigene.