Oberrheingraben
Türen klappern, ohne dass der leiseste Wind weht. Tassen scheppern im Schrank wie von Geisterhand bewegt. Das ist kein Gruselfilm, sondern die Wirklichkeit im Oberrheingraben. In dieser Region im Südwesten Deutschlands gibt es alle paar Monate kleinere Erdbeben. Das überrascht, denn hier ist weit und breit keine Plattengrenze zu sehen.
Der Oberrheingraben ist eine etwa 300 Kilometer lange und bis zu 40 Kilometer breite Senke zwischen Basel und Frankfurt. Sie sie zunächst wie ein gewöhnliches Flusstal aus, verdankt jedoch ihre Entstehung einer Schwachstelle in der Erdkruste.
Entlang dieser Schwachstelle brach im Lauf der letzten 45 Millionen Jahre ein Graben ein. Dabei zerfiel das absinkende Gestein in unterschiedlich große Bruchstücke und rutsche teilweise in den Graben hinab. Gleichzeitig mit dem Einsinken des Grabens wurde das Gestein an seinen Rändern angehoben. So entwickelten sich die „Grabenschultern“, die heute noch als Schwarzwald und Vogesen zu erkennen sind. Die Abtragung glich jedoch den Höhenunterschied zwischen Senke und Gebirge ständig aus: Geröll und Gesteinsschollen rutschten von den Seiten nach und füllten den Graben immer wieder auf. An seinem Grund häuften sich dicke Sedimentschichten, durch die sich erst sehr viel später der Rhein seinen Weg suchte.
Bis heute dehnt und bewegt sich im Gebiet des Oberrheingrabens die Erdkruste. Fast einen Millimeter senkt sich der Graben jedes Jahr. So bauen sich im Gestein ständig Spannungen auf, die sich immer wieder in kleineren Erdbeben entladen. Ein Beben jedoch war ungewöhnlich heftig und legte im Jahr 1356 die Stadt Basel in Schutt und Asche.
Ob sich ein so starkes Beben bald wiederholen könnte, ist auch für Fachleute nur schwer zu beantworten. Denn die Vorgänge in der Erdkruste sind noch lange nicht restlos aufgeklärt. So gibt es mehrere mögliche Erklärungen für die Entstehung des Grabens: Eine Ursache könne sein, dass die Afrikanische Platte von Süden gegen die Europäische Platte drückt. Dabei wurden die Alpen aufgefaltet und vermutlich auch Schwarzwald und Vogesen angehoben. Die enormen Drücke und Spannungen könnten dazu geführt haben, dass das Gestein dieser älteren Gebirge zerbrach und so der Graben entstand. Eine andere Vermutung ist, dass Magma aus dem Erdmantel nach oben drückte, die Erdkruste dehnte und dadurch den Graben aufriss. Um herauszufinden, was genau passierte, wird der Oberrheingraben bis heute von Geologen überwacht und untersucht.