Video: Wie arbeitet ein selbständiger Fischer?
Ein selbständiger Fischer arbeitet bei jedem Wetter im Freien und kümmert sich um die Bedienung seines Kutters, den Fang und die Verarbeitung und Vermarktung der Fische. Die von der EU festgelegten Fangquoten sind eine Herausforderung.
Arbeitstag eines Fischers
Ein selbständiger Fischer muss mitten in der Nacht aus dem Bett, denn sein Arbeitstag beginnt zwischen zwei und fünf Uhr mit der Ausfahrt aus dem Hafen und dem Auswerfen der Netze im Fanggebiet. Je nachdem, was er fischt, setzt er dabei unterschiedliche Netze ein. In der Ostsee sind das häufig Schlepp- oder Stellnetze. Die stationären Stellnetze werden an Bojen befestigt und über Nacht unter Wasser aufgespannt. Der Fischer muss darauf warten, dass sich die Fische beim Umher-schwimmen darin verfangen. Schleppnetze sind dagegen am Kutter befestigt. Sie werden eingesetzt, um Schwarmfische in mittleren Tiefen zu fangen. Bei der Jagd auf die Fischarten, die sich am Meeresboden tummeln, kommen Grundschleppnetze zum Einsatz. Beim Einholen sieht der Fischer, was ihm ins Netz gegangen ist. In der Ostsee können das kleine Schwarmfische wie Heringe und Sprotten oder Plattfische wie Flundern oder Schollen sein. Für den beliebten Dorsch - oder Kabeljau wie er in der Nordsee heißt -, mit dem sich das meiste Geld verdienen ließe, gelten dagegen strenge Fangquoten. Ihre Einhaltung schmälert den Verdienst. Auf der Heimfahrt in den Hafen werden die Fische ausgenommen und verkaufsfertig gemacht, denn ein selbständiger Fischer muss sich auch um die Vermarktung seines Fangs kümmern. Abnehmer findet er auf dem Markt, im Einzelhandel oder in Restaurants. Neben der praktischen Arbeit fällt zusätzlich viel Papierkram an. Kurzum: Ein selbständiger Fischer ist ein Ein-Mann-Betrieb, dem die Arbeit nie ausgeht, ohne dass er dabei reich würde. Wie gut, dass er zumindest immer an der frischen Luft ist...
Fischwirt/in
Seine handwerklichen Grundlagen erlernt ein Fischwirt der Fachrichtung Küstenfischerei und Kleine Hochseefischerei während einer dreijährigen dualen Ausbildung. Bei der Bewerbung für diesen anerkannten Ausbildungsberuf ist kein bestimmter Schulabschluss nötig. Körperliche Gesundheit und Seetauglichkeit sind aber ebenso erforderlich wie handwerkliche Fähigkeiten. Ein Interesse an Biologie, Ökosystemen und Geographie ist von Vorteil. Zu den Ausbildungsinhalten gehören Themen wie Eigenschaften von Wasser und Gewässern als Lebensraum für Pflanzen und Tiere, Anfertigung und Reparatur von Fischerei-Werkzeugen und -Maschinen, Fangtechniken und Methoden der Fischverarbeitung, Gewässerbewirtschaftung und Grundlagen von Fischerei- und Wasserrecht. Das praktische Know-how erlernt man in einem Fischereibetrieb; dazu kommt der Unterricht in einer Berufsschule. Fischwirt/in ist ein relativ seltener Beruf. 2011 haben in Deutschland nur 99 Azubis die Ausbildung angefangen. Nach ihrem Abschluss können Fisch-Wirte und -Wirtinnen in den Küstengewässern der Nord- und Ostsee Fische und Schalentiere fischen. Wer selbständiger Fischer werden, will, muss sich nach dreijähriger Berufspraxis durch eine Prüfung zum Fischwirtschaftsmeister qualifizieren. Danach darf er selbst ausbilden und auch Fördergelder beantragen. Er arbeitet auf eigene Kosten und eigenes Risiko; er muss seinen Kutter, die Netze und die übrige Ausrüstung selbst finanzieren und bereit sein, bei jedem Wetter im Freien zu arbeiten.
Fangquoten
Innerhalb der EU werden die Fanquoten immer wieder neu geregelt, temporäre Fangverbote werden verhängt und Fangverbotszonen festgelegt. Für viele selbständige Küstenfischer ist das eine Herausforderung, für manche ein Ärgernis. Aber der Fisch gehört nicht den Fischern allein; er ist Allgemeingut. Deshalb legt die Fischerei-Kommission der EU alljährlich fest, wann, wo und wie viel von welchem Fisch gefischt werden darf. Dabei wird das EU-Gremium von Wissenschaftlern – z. B. vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) – beraten. Die Mengen werden unter den EU-Staaten nach einem festen Schlüssel aufgeteilt; jedes Land hat seine nationale Fangquote. Die strengen Fangquoten, die einer Überfischung der Meere vorbeugen und die Fischbestände dauerhaft sichern sollen, kollidieren mit den wirtschaftlichen Interessen der Fischer. Viele selbständige Küstenfischer kämpfen wegen geringer Erträge ums Überleben.
Nachhaltige Fischerei
Die EU sucht nach zusätzlichen Instrumenten, um die Fischerei zu steuern und finanzielle Anreize zu schaffen, die Schiffe technisch aufzurüsten. Mit neuen Netzen könnte punktgenauer gefischt werden, eine festgelegte Mindestmaschen-Weite würde verhindern, dass zu kleine Fische gefangen werden. Um die Fischbestände nachhaltig zu sichern, muss man ihre Reproduktionsfähigkeit erhalten. Deshalb wurde in Deutschland das MSC-Siegel der Organisation Marine Stewardship Council eingeführt; daran kann der Konsument erkennen, ob der Fisch, den er kauft, mit nachhaltigen Methoden gefangen wurde. Für Fischer, die ihren Beruf aufgrund der schwierigen Bedingungen aufgeben müssen, bietet die EU Abwrackprämien für Kutter. Das alles ändert nichts daran, dass die Zukunft für viele selbständige Fischer nicht allzu rosig aussieht. Aber die globalen Herausforderungen in den Bereichen Umwelt- und Tierschutz erfordern ein Umdenken, das keine Rücksicht auf Traditionen und traditionelle Berufe nimmt. Da die Nachfrage nach Fisch ständig steigt, werden Aquakulturen und Fischfarmen in Zukunft eine noch größere Rolle spielen. Hier können Fischwirte und Fischwirtinnen Arbeit finden, auch wenn die mit dem Alltag eines Küstenfischers, der bei Wind und Wetter mit seinem Kutter aufs Meer hinausfährt, wenig zu tun hat.