Video: Was ist der Hirntod?
Der Hirntod ist die juristische Voraussetzung für eine Organspende. Unter Hirntod versteht man den irreversiblen Ausfall aller Hirnfunktionen: Die Nervenzellen in Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm sind durch den Sauerstoffmangel abgestorben. Heute kann fast jede Körperfunktion ersetzt werden. Nur das Gehirn nicht: Wenn es stirbt, ist eine Erholung nicht mehr möglich.
Wann ist ein Mensch tot?
Für den „gesunden Menschenverstand“ scheint die Sache klar: Tot ist man, wenn man nicht mehr lebt. Wenn das Herz nicht mehr schlägt, stirbt der ganze Organismus. So einfach ist die Sache aber nicht, denn die moderne Intensivmedizin hat den Prozess des Sterbens grundlegend verändert: Bleibt das Herz stehen, kann es künstlich wiederbelebt werden. Versagt die Lunge, kann eine Maschine einspringen. Erst mit dem unumkehrbaren Ausfall aller Hirnfunktionen, dem so genannten Hirntod, ist der Tod eines Menschen zweifelsfrei eingetreten. Denn ein Hirntoter kann nicht mehr aufwachen. In seinem Gehirn zirkuliert kein Blut mehr. Bisher ist kein einziger Fall bekannt, in dem ein nach den vorgeschriebenen Richtlinien als hirntot diagnostizierter Patient sich auch nur teilweise wieder erholt hätte. Auf den Hirntod folgen zwingend der Herzstillstand und der Ausfall aller übrigen Organe, sofern diese - und das ist ein folgenschwerer Eingriff - nicht künstlich am Leben erhalten werden. Der Deutsche Ethikrat, der die Bundesregierung in moralisch-ethischen Fragen berät, veröffentlichte im Januar 2015 eine ausführliche Stellungnahme zum Thema Hirntod. Darin vertritt das Gremium die These, dass nicht der Verlust von Denken, Fühlen und der eigenen Persönlichkeit den Hirntod begründet. Tot sind diese Patienten, weil sie ohne Gehirn nicht überlebensfähig sind.
Die Diagnose Hirntod
Ein Jahr nachdem der Chirurg Christian Barnard 1967 das Herz einer hirntoten Frau verpflanzt hatte, definierte eine Kommission der Harvard Medical School den Hirntod erstmals als den Tod des Menschen. Die Diagnose Hirntod ist also eine Folge und ein Ergebnis der Transplantationsmedizin; gestellt wird sie nur im Zusammenhang mit einer Organspende. In Deutschland wurde der Ausfall aller Hirnfunktionen 1997 im Rahmen des Transplantationsgesetzes zu einem legalen Todeszeitpunkt erklärt. Nach dem ärztlichen Ehrenkodex können Organe nur von Toten entnommen werden. Alles andere wäre aktive Sterbehilfe und gesetzlich verboten. Um den Hirntod zweifelsfrei feststellen zu können, wird eine Hirntoddiagnostik durch-geführt. Dabei muss ein sehr strenges, von der Bundesärztekammer vorgegebenes Protokoll mit verschiedenen diagnostischen Schritten eingehalten werden. Zur Sicherheit wird die Untersuchung zweimal im Abstand von mindestens zwölf Stunden durch zwei Neurologen durchgeführt. Wenn sicher ist, dass alle Hirnfunktionen unwiderruflich ausgefallen sind, bestätigen die Fachärzte den Hirntod des Patienten mit ihrer Unterschrift. Vorausgesetzt dass keine Organspende geplant ist, werden lebenserhaltende Maßnahmen danach sofort ausgesetzt. Hat der Patient dagegen zu Lebzeiten einer Organspende zugestimmt, wird die Intensivtherapie, vor allem die künstliche Beatmung, aufrechterhalten. Die Körperfunktionen hirntoter Organspender können lebendig gehalten werden, um lebensbedrohlich erkrankten Menschen effektiv mit Spenderorganen zu helfen.
Zweifel am Hirntod-Kriterium
Der Hirntod ist ein Fall für Experten. In der internationalen Fachwelt gibt es auch Zweifel, ob das Hirntodkriterium wissenschaftlich haltbar ist und als Tod des ganzen Menschen gelten kann. Lange ging man davon aus, dass es das Gehirn ist, das den gesamten Organismus steuert und integriert. Die neuere wissenschaftliche Forschung zeigt jedoch, dass die Integration eine Leistung des ganzen Organismus ist. Für manche Mediziner ist deshalb klar, dass der Tod keinen genauen Zeitpunkt kennt, sondern ein Prozess ist. Andere halten daran fest, dass ein Mensch nach der Hirntod-Diagnose verstorben ist. Für sie ist ein funktionierendes Gehirn Grundvoraussetzung für ein Leben. So hält der amerikanische Bioethikrat zwar am Hirntodkriterium fest, hat seine Begründung aber geändert. Er fragt nicht mehr, wann ein Mensch tot ist, sondern was Leben ausmacht. Als Kriterien nennt der Rat die Fähigkeit zu aktivem Austausch mit der Umwelt und die selbstständige Atmung. Unstrittig ist, dass die Transplantationsmedizin auf die Diagnose „Hirntod“ angewiesen ist. Will man Organe entnehmen, ist die präzise Festsetzung eines Todeszeitpunkts beim Spender unumgänglich. Und eine Organspende rettet Leben...